Singles

„… just one fine morning“ griff ich zu Psychotic Reactions and Carburetor Dung von Lester Bangs und konnte kaum glauben, was ich las. Ich „started dancing to that fine fine music“, denn Lester sagte, daß Rock’n’Roll Animal die beste Platte aller Zeiten wäre, „my life was saved by Rock’n’Roll“. Mir fiel wieder ein, was man alles tun kann, wenn man Schallplatten besitzt; den Tag mit Doppelalben beginnen z. B., vorzugsweise von Minutemen, Cream, Lee Perry und Lou Reed. Wer weiß, wie schön ein Doppelalbum schöner Musik ist, kann das Wohlwollen ermessen, das ich den Singles entgegenbrachte, die in unguten Mengen seit Wochen bei mir eintrafen. Jugendliche warten insistierend cool auf Eisenbahnschienen, es sind die Paranoiacs mit ihrer EP „Sometimes Teenage Is Spelt TNT“ (Play It Again Sam/SPV), bemüht nachempfundene Juvenile-Delinquents-Physiognomien schneidend, manchmal reicht es nicht, die richtigen Sachen zu mögen, beim nächsten Mal reden wir von Sonnenbrillen! Das Trio M.D. Emm kommt, laut Info, aus den „urban ghettos of Romford, Colchester & Clacton-on-Sea“, Namen, zu denen man sich beim besten Willen kein Ghetto vorstellen kann. Ein Mitglied wird als erfolgreicher Labelmanager angepriesen, der andere erreichte die regional finals der Disco Mix Club Championship. Davon hätte Alvin Lee immer geträumt: Viertelfinalist der letzten Gitarrenwichs-WM (Rough Trade). Danceism ist ja überhaupt die neue Pest, was man daran merkt, daß die Presseinfos, die noch vor kurzem jede Band zwischen Aztec Camera und Black Flag global als „Gitarrenband“ anpriesen, jetzt jeder Scheiße „Tanzbarkeit“ bescheinigen, als wäre das alleine irgendetwas. Das führt dann dazu, daß im Prinzip so verhuschte wie verhinderte Folk-Stimmchen, wie die von Single Gun Theory („Open The Sky“, Nettwerk/SPV) einen Elektro-Beat laufen lassen müssen, ja sogar den interessanten Break/Scratch-Mittelteil nicht weglassen können. Von allen Bands in Europa, die sich mit Dancefloor raus reden, sind Son Of Sam immer noch die einzigen, die sich hören lassen können, mit ihren trocken-beknackten Blues-Melodien, auch wenn sie auf „21st Century Bible“ (gemeint ist der Koran) gegen die Grundregel verstoßen, niemals auf einem Synthesizer einen Moll-Akkord stehen zu lassen (Rouska/SPV). From the urban ghettos of Stratford-upon-Avon kommt der neuste Dancefloor-Smash von Blyth Power, „Up From The Country“ plus 2 Non-LP-Tracks (Midnight). Wortreiche Nachrichten aus England; Menschen, Schicksale, Sensationen; wieder drei Thackerays in drei Minuten, zur moralischen Erbauung besonders geeignet: die Zeilen, die der Chor wiederholt. Das Neuste aus Belgien: eine Crew besteht dort jetzt aus einem DJ und einem Comic-Zeichner, was sich besser anhört als Blackaya, „Zinno“ (Who’s That Beat/SPV), wenn auch nichts so schrecklich verloren, traurig, weltfremd und irre klingt wie die EPs von Sad Lovers And Giants („Cow Boys“, Midnight) und The Essence, jenen unbelehrbaren Cure-zu-ihrer-schlimmsten-Zeit-Epigonen („A Mirage“ – sic! – Midnight). Obwohl Fun genauso schlimm sein kann, wie die eigenartig verflachten Dentists mit „The Fun Has Arrived“ (Fun Fun Fun/SPV) und John Hegley And The Popticians mit einem ältlich-zivilisationskritisch-ironischen „I Saw My Dinner On TV“ (Glass Fish Records) beweisen. Was hilft dagegen? Einfach Rock’n’Roll spielen, einfach so, kann nichts schiefgehen? Falsch. Gerade das ist ja das allerschwierigste: Was Perfect Daze auf ihrer „Regular Jailbreak“-EP (Vinyl Solution) noch so lala gelingt, wird bei Fun Patrol („The Right To Be Wrong“-EP/Thrush: 3 Gitarristen zelebrieren den Niedergang britischer Gitarrenkultur) zu schweren und bei Yeah God! („So Far Down“-EP, Chapter/RTD) trotz guter Texte zur mittleren Katastrophe. In die Reihe gehören auch die Wild Flowers, die ein (der?) Mark Stewart produziert haben will. Der Titel der EP („Take Me For A Ride“), der an Spacemen 3 erinnert, und der Bandname, der an Canterbury selig erinnert, lenken von mediokren, sich auf seine Unprätentiosität etwas einbildenden Rock ab, wie ihn Amis auf Homestead besser spielen (Chapter/RTD). Rock – the white man’s Tanzbarkeit. Wenn Wimps selber Disco-Platten machen, wird’s nicht besser: Romeo Street Gangs „Heavy House/Money Talks“ (Jungle/EfA) oder auch die als MKZs sich housig verkleidenden MacKenzies („Mealy Mix“, Ron Johnson) erinnern an die Zeit, als Factory- und andere anspruchsvolle Wave-Bands Disco und das dazugehörige angedeutete Dur-Motiv als Melodie-Ersatz entdeckten. Hier soll jetzt endlich mal was Schönes kommen. Seufz! Jeffrey Lee Pierce zum Beispiel. Wieder mal meine Modevorschläge beherzigend (Ab jetzt nehmen wir beide aber wieder zu, nicht wahr?). Hier gilt es jeden Track in seiner Mischung aus Blasiertheit und tiefem Mitleid, wie sie die gereifte literarische Rock-Persönlichkeit ausmacht, auf sich wirken zu lassen, die in drei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und mit viel mehr Slide als sonst vollmundig ausgekostete Gun-Club-Zentralbehauptung: Ach ich bin des Treibens müde. Ich armes welsches Teufli, bin müde vom Marschieren (2 mal wiederholen). Aber, sieh! Dort am Himmel! Was für eine wunderschöne Wolke! Jetzt ist sie weg (Slide als Wolke ab): „These Breaking Hands“ (What’s So Funny About/EfA). KMFDMs „Blow Your Top“ wäre ein okayes Electro-Stück, wenn der „bedrohliche“ Sprechgesang nicht wäre (Cashbeat), Three Wize Mens „Cruising For Bruising“ (Rhythm King/RTD) wäre okayer Hip-Hop, wenn es über den müden Einfall, den „Summertime Blues“ mal wieder zu exhumieren, hinauskäme. Mir ist’s fad. Diana Brown & The Players, die Funk-Band für Tempo-Leser, ist besser als ich dachte, weil sie nicht wie alle, die heute Dance-Tradition aufarbeiten, zu meinen scheinen, daß mit einer „Bang-Production“ (Pressetext, a.a.O.) alles geregelt sei: „Baby, It’s You“/„Hot Pants“ (Rhythm Attack), besondere Begabungen, Beats & Besessenheiten höre ich indes nicht. Die höre ich bei Bellybutton & The Knockwells. „Look Around“ ist eine Fun-Dexy-Soul-Ballade, darüber, daß innere Werte mehr zählen als Silicon-Titten, ein Hit, ein Sänger, der ihn knödelmäßig durchstehen kann, und eine Produktion von „Stock, Schwul & Kunzelmann“ (Tollton/Wishbone). Ziehe ich dem immer genügsamer werdenden Zitatpop, jawohl, von Leuten wie den BMX Bandits, vor; man muß nicht sampeln, um ein Stück restlos durch offensichtliche Zitate zu ruinieren. Und dann diese ewige, total datede, ostentativ anti-rockistische Kindlichkeit, die Heideideihymnen an (wie possierlich!) Wesen vom anderen Stern (würg) zu singen sich genötigt fühlt („Figure 4“ plus 3, 53rd & 3rd/RTD). Oder Frauen, die sich selbst darstellen! Tja, Danielle Dax, mit einem Teen-Rock-Stück, die angestammte Kundschaft schockieren! Wie durchtrieben! Welch Strategie! Wie offen! („Cat House“, Awesome/RTD). Laßt uns hinaufsteigen in das Dachzimmer, das einst ein philosophischer Soul-Club war, aber die Herren sind den Anstrengungen des All-Nighter nicht mehr gewachsen: sie sind eingeschlafen, die Glut in ihren Pfeifen glimmt noch leise, der für sein Alter unverschämt gut aussehende schwarze Bartender räumt die Gläser weg: Scritti Politti & Miles Davis: „Oh Patti“, Virgin. Für mich ist Sommer ja vor allem die Jahreszeit, in der die deutschen Frauen dem Irrtum erliegen, sie würden in häßlichen, pastellfarbenen Kleidern weniger schwitzen, wie süß: die Sugarcubes. Die Kleine legt sich richtig ins Zeug, gesangsakrobatisch viel besser ist die B-Seite „Luftgitar“, bei der dieser Johnny Triumph singt, für die Zukunft dürfen wir hier mit den Eurythmics für Pädophile rechnen („Deus“, one little indian/RTD). Wenn Teenager, dann nicht Sugarcubes, nicht Primitives, nicht diese ganze Unschuldsscheiße, sondern die Fizzbombs, bei denen Sarah von den Shop Assistants singt. Daß Kritiker dazu klar, abstrakt, Beach-Mary-Chains, Babyramones etc. sagen, ist kalkuliert, was aber die Schönheit, besonders der mittleren der 5 Stücke, „Blue Summer“ und „Beach Party“, ausmacht, ist die Nähe zu allem, was man haßt, allen Indie-Ideen von Spaß, Lustig, Sex, Unschuld nämlich, die hier alle einzeln und mühsam gerettet werden (der Sound der Mühe allein trennt die „Surfin Winter“-EP, kit/RTD, vom Meisterwerk). Und wenn philosophischer Soul-Club, dann immer noch, und ich sage das hier in aller Deutlichkeit: Prefab Sprout. Allein die beiden B-Seiten-Songs von „King Of Rock’n’Roll“ sind wieder so klasse schlau getüftelte, schöne kleine Rätsel, das ist keine Könner- oder Schlaumeierscheiße, Baby, das ist Europa! (CBS-Import). Aber ich sage auch, was Amerika ist: derselbe, normale, trockene, unprätentiöse Rock, den in GB niemand mehr spielen kann: Ism: „Nightmare At Noon“, Raw Power Records. Genau das, was mein Leben gesavet hat: mit bescheidensten Mitteln zum Klingen gebrachte Instrumente. Ihre Namen sind Gitarre, Baß, Schlagzeug, Hammond-Orgel, sie zu bedienen, bedarf es keiner Hexerei, man darf nur keine Angst vor ihnen haben. Eine Angst, die die Janitors nicht kennen, allein, das ist es eben auch nicht, die Instrumente so krachen zu lassen, die Töne ihrem Eigenleben überlassen, auf ihre gitarrengegebene Bösartigkeit vertrauend („Moonshine“, Abstract), dazu muß man schon H.R. sein (der von den Bad Brains, auch bekannt als Gott). Gleich zwei Platten dieses Mannes, dieses einzigen Sängers der Welt, der gleichzeitig dieses bekannte Schneidende aller Punk-Rock-Sänger und dieses umfangreiche, tiefe, vibrierende Tremolo schwarzer Sänger hat, gilt es als Singles des Monats auszurufen: „Keep Out Of Reach“, die Single, und „It’s About Luv“, die EP (beide SST/EfA), hier dürfen Töne unangeleint frei herumrennen, sie werden schon gehorchen, wenn es darauf ankommt: dieser Stimme, die ihnen befiehlt, hardcoremäßig zu marschieren (aber nicht galoppieren) oder ein warmes tropisches Meer zu bilden, in dessen auslaufenden Wellen H.R., Burning-Spear-Cover-mäßig, die Dreadlocks kurz eintunkt. Dies ist eine andere Sonne, eine mit Gewalt: „His Name Is Haile Selassie … Jesus Christ (explodier, kleine Speedmetalgitarre, explodier!) … the Power Of Trinity.“ Ich glaube jedes Wort. Mehr Melodien als auf einer Hüsker-Dü-Platte, mehr Breaks als auf drei Slayer-LPs. Jeder Song besteht aus mindestens drei Songs. Und Michaels Sun-Ra-Diagnose von der LP-Kritik schließe ich mich gerne an, nicht zuletzt um auf diese Weise zu Brian Ritchies (der von den Femmes, das Fast-Genie) deutsche und englische Version von Sun Ras Vintage-Rap-Single „Nuclear War“ überzuleiten. Ein gut gemeinter Novelty-Witz, zweifellos, aber ein sehr haltbarer: „Was maakst Du, ohne Dein Arsch?“ („Atomkrieg“, SST, EfA). Etwas ganz anderes ist es, wenn man singen kann, aber nicht an Haile Selassie oder Sun Ra glaubt. Die Jahre als Backing-Vokalistin von Mari Wilson haben aus Julia Fordham eine kleine Joni Mitchell gemacht, um nicht zu sagen „The Comfort Of Strangers“ ist von der Joni-Mitchell-Komposition, -Produktion, -Stimme nicht zu unterscheiden (Virgin). Von begnadeter Banalität: „This Nelson Rockefeller“ von McCarthy (sept/RTD), von begnadeter Daddeligkeit: „Wheels Turning“ von den Woodentops. Warum lehnt Sherwood Aufträge der Talking Heads ab, wenn er das hier produziert, hätte gut auf „Remain In Light“ gepaßt (Rough Trade). Habe ich jetzt vielleicht mal Zeit über ein echtes Meisterwerk zu sprechen? „The XXXX Sessions“ der Chrysanthemums (Cordelia). Die Gelegenheit beim Peel-Sessions-Parodie-Cover so viele wirklich bekifft-lustige ausgedachte und bekannte Bandnamen auf das Cover zu schreiben, haben sie sich ebensowenig entgehen lassen, wie diesen bekifft-„beißenden“ Spott: „On the front of the sleeve is an admittedly incomplete list of artists who never recorded sessions for the John XXXX Shows on Radio One … The only way most of these bands are likely to get a XXXX Session is if their existing members leave and are replaced by members of The Fall, and they then change their name to The Fall.“ Und dergleichen mehr. Die Texte von Meilensteinen der verfeinertsten Sorte Popsongs (wie „Harold Melvin: The Exorcist“), die wir zur Zeit kennen, sind als „15 minute etching ‚Kropatzlt‘“ auf die B-Seite gekratzt. Schluß mit der Selbstsicherheitsscheiße, hier ist eine Platte, die mich weder abstößt, noch begeistert, die Mark-Smith-Entdeckung Andrew Berry, nicht spektakulär, kein Kandidat für XXXX-Sessions, aber ein sanfter Indie-Songwriter, der nicht an dieser krankhaften Affinität für das betont liebe Liedchen krankt („Unsatisfied“, Cog-Sinister/RTD). In seiner Nachbarschaft wohnt „Each Day“ (Dinamo/RTD) von Annie Hogan, neuerdings im Härm-Look der späten Elke Heidenreich, eine nett gemachte, eingängige Verklärung der alltäglichen schlechten Laune, am Ende ihres vielleicht ganz richtigen Weges könnte die feministische C&W-Ballade stehen. Die Film- und Fernsehserie-Themen waren der House-Sound der 60er, was nicht verstanden hat, wer daraus zeitgemäße Remixe machen will. Zum Bam-Caruso-„Batman Theme Holy Mix“ gehört glücklicherweise aber eine relativ originalgetreue B-Seite. Andy Giorbinos Dancefloor-Debüt klingt wie ein aus dem Herrenclub ausgewiesener, komischer Bowie, die B-Seite ist richtig gut, so Belgier-und-Yello-eat-your-heart-out-mäßig („The Art Of Letting Go“, Cashbeat). Die höchsten Ansprüche, die ich an die Flowerpornoes stelle, erfüllt ihr „These Hands“ nicht, aber vielleicht die wundervolle B-Seite, wo so reizend gesagt wird: „Bring your shoes back to the shoemaker and bring your love to me“ (WSFA/EfA). Und jetzt stumpf, ganz normaler, unraffinierter, kindlich-abgebrühter Ami-Hardcore von damals: alte Aufnahmen der Beastie Boys, als sie dem Flipside-Magazin noch unclevere Interviews gaben und die ausgeschiedene Drummerin Kate das Wort führte. Nur das ständige „Yo!“ klingt vertraut von der „Pollywog Stew“-EP, 8 Kürzesttracks (Ratcage/EfA). Als oft genannte Konkurrenz der Spacemen 3 bleiben Loop zweite Sieger, aber die Idee „Thief Of Fire“, das neben „Snow Girl“ beste Stück der ersten Pop-Group-LP zu covern, verdient Respekt (Chapter/RTD). Ein aufmunterndes, lebensfroh sprühendes, fanfarbiges Pop-Stück, Marke Es-ist-82-auch-schmuddelige-Indie-Kinder-dürfen-Soul-spielen ist mir von der Gruppe Rumblefish auf den Tisch gelegt worden. Es hört auf den Namen „Medicine“ und findet meine Gnade, weil sich seine Melodie um die Akkorde von „She’s Going Underground“ von den Bizarros gruppiert, meinem von mir bei jeder unpassenden Gelegenheit erwähnten absoluten Lieblingsstück aller Zeiten (Summerhouse). Während um mich herum während der Wochen, die so eine Singles-Seite braucht, das Museum Of Modern Beer entstanden ist, und ich beschlossen habe, nicht zu erwähnen, wie die Soul-Hoffnung von Face und Arena Will Downing Coltranes „A Love Supreme“ mit Zustimmung der beschallerten Witwe und Hilfe des Anti-Coltrane-Saxophonisten Turrentine housemäßig unkenntlich gemacht hat, wende ich mich einer weiteren echten Sensation zu, den vielleicht übernächsten Minutemen. Es handelt sich um die Treacherous Jaywalkers, um den Sohn des verdienten Jazz-Bassisten Charlie Haden: Easy-Listening-Gitarren-Polit-Free-Jazz, superhell produziert, mit einem der klingt, als wäre er fett wie D. Boon, laßt dicke Sänger um mich sein (huuuh!)(„Sunrise“-EP, SST/EfA). Leser! In der Zwischenzeit hat ein halbstündiges Wann-kommen-wir-endlich-nach-Lawndale-Minutemen-Linernotes-Detail-Schwärmgespräch stattgefunden, und die jetzigen Minutemen sind bekanntlich fIREHOSE und „Sometimes (Almost Always)“, mit zwei Non-LP-Titeln von schmerzhafter Schönheit, ist (wieder einmal) gelaufen. Wie nur mein Bruder ganz richtig sagen konnte, mit aller Musiker-Autorität: niemand kann so gut spielen wie die (SST/EfA). Wie schön Musik sein kann! MUSIK! In diesem Zusammenhang muß ich England und die englische Musik um Vergebung bitten, nur einwenden, daß die gute englische Musik heutzutage in Neuseeland gemacht wird. Um in das zarte Inselreich nicht zu schroff einzufallen, wählen wir als Übergang das widerstandsfähige, höchst eigenartige „New Man“ von Bailter Space, was die einfallsreichste, industrielle Tanzmusik, das schüchtern-verlangendste, repetitive Baßriff ist, das wir heute gehört haben (wie alles weitere auf Flying Nun. Wie man diese verwundbaren preziösen 7-Inches schon aus ihren Covern und seidenen Innersleeves herausbugsieren muß, was für Objects!). Berechtigt lieblichen Indie-Beat, wie ihn alle Wimps lieben müssen, spielen The Strange Loves: „When Judy Gets Out“. Tja, dann kann Judy bei dieser Musik wenigstens noch auf ein interessantes Leben hoffen. Ich lobe nicht Unschuld, ich lobe Mut und Entschlossenheit bei von Natur hinfälligen Menschen, deren allerzarteste Vertreter die Bats sind; da unten in Christchurch sind sie sicher, daß kein Affe von Postcard reden wird. Es könnte sein, daß diese Platten in europäischer Luft zerfallen, ich will sie lieber schnell einpacken: „Block Of Wood“. Oh, Consumer, nimm am Ende dieses, Deines Guides, noch ein paar Empfehlungen für echte Sammlerobjekte mit auf Deinen Weg: Boss Hoss, eine gute Ami-Hardcoreband auf den Nürnberger empty-Records mit „Yer O.K.“, auf demselben Label dann zwei absolut sammelwürdige hochfeine Booklet-limitiert-handgemalt-Kunstcover-gute-Texte-Singles von Doc Wör Mirran, „Failing To Achieve Freedom“ und „Bundeswehr Goons“ plus 5 (Muggenhofer Str. 39, 85 Nürnberg), die italienischen Sick Rose, deren Double Shot es über EfA gibt, Emilio Winschettis The Perc Meets The Hidden Gentleman-Single, auf teuflische 666 Exemplare (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, stw 666: Niklas Luhmann, Soziale Systeme) limitiert, in grünem Vinyl (Überschall), und schließlich die süße Triple-Single-Box „Big Round Up“ des Ami-Labels Budget Ranch, mit drei Singles von drei unbekannten Bands, deren eine kompetent Neil Youngs „L.A.“ covert. 96 Stunden, 12 Dosen Tuborg, 3 Flaschen Becks, 11 Packungen Gauloises ohne, 7 Überraschungseier, 3 Sonnenbrillen und ein Kaleidoskop. My life was saved by Rock’n’Roll.