Ich hätte es mir gern ganz einfach gemacht mit dem neuen Kluge. Etwa so: Ein Kultfilm für den lila-Latzhosen-Untergrund. Im Kino neben dem Latzhosen-Laden seit Wochen ausverkauft. Trägst du auch eine Latzhose? Ja? Nichts wie rein!
Aber die Zielgruppen-Rückschlüsse funktionieren nicht, der Film ist weder wie die Leute, die an der Kasse Schlange stehen, noch ist er so, wie die Kritiken, die „Zeit“ und „Spiegel“ drucken, noch ist er so wie andere Kluge-Filme, trotzdem ist er durch und durch ein Klugefilm, allein schon, weil man ständig seine Stimme hört: eine sanfte, leicht verschmitzte, manchmal zu sehr von der eigenen Originalität eingenommene Stimme.
Ich sage jetzt nichts mehr über Handlung und Thema des Films, um die Verseuchung mit Interpretationen in den BRD-Medien nicht auf die Spitze zu treiben, nur so viel: Deutschland und seine Geschichte, sowie deren Rezeption in der Jetztzeit.
Ich sage aber: Der Film trägt sein Anliegen auf zweierlei Weise vor. Einmal über eine Hauptfigur, in Dialogszenen, gestellten und Zufallsszenen, die alle in einer belehrenden, kaum verhohlenen Absicht, Aussagen machen wollen, sinnfällige Anekdoten erzählen, grelle Charakterisierungen vornehmen. Für sich genommen wären diese Szenen um die Geschichtslehrerin Gabi Teichert einfach blöd, solidarische Lacher erheischend.
Auf der anderen Seite versorgt der Film den Zuschauer mit Materialien: Bilder aller Art. Dokumentarfilme in Schwarz/Weiß und in Farbe und aus allen Epochen der Filmgeschichte: Postkarten, Stiche, Fotos, Illustrationen, Inserts, Zitate etc. Das alles unkommentiert und zur freien geistigen Verfügung für den Zuschauer, also anregend.
Dieser zweite Film im Film nimmt dem ersten einerseits die Eindimensionalität des puren Sponti-Identifikationsmuster in der Gabi Teichert-Sequenzen, verleitet andererseits dazu, durch seine Fülle und Inkongruenz (nicht Beliebigkeit) das gebotene Material nicht mehr zu sichten und verstehen zu wollen, sich rauschhaft hinzugeben (was sicher nicht unangenehm ist), statt hinzudenken.
Als ich das Kino verließ, hatte ich den Eindruck,der Film behauptete: Im Zustand der Konfusion ist man der Wahrheit am nächsten. Heute weiß ich nicht mehr, ob der Film irgendwas behauptet, ob er vielleicht ein wenig akademisch-blöd-professoral ist, oder ob er andererseits so toll ist, daß ich nicht nach einmal Zuschauen, was darüber sagen darf.
„Die Patriotin“ ist mir nicht unsympathisch.
