Ohne Zweifel gehört Brian de Palma zu den fünf besten lebenden Regisseuren, und sein letztes Werk „The Fury – Teufelskreis Alpha“ stellt eine der ganz großen Ausnahmeerscheinungen der Filmgeschichte dar. „Home Movies“ hat man uns in Deutschland bislang vorenthalten und nun kommt „Dressed To Kill“.
Wieder badet de Palma in seiner libidinösen Hitchcockbindung. Gleich zweimal sehen wir nackte Frauen unter Duschen, entrückt zwischen Strahlen, eingenebelt in Dämpfe, während draußen ein Messer wartet, um sich an den sauberen Körper zu vergehen. Im Zentrum steht eine gespaltene Persönlichkeit à la Norman Bates (= Perkins in „Psycho“) und wie Hitchcock sich in „Psycho“ den Luxus und Überraschungseffekt leistete,den Star des Film (Janet Leigh) nach einem Drittel zu morden, läßt Brian de Palma Angie Dickinson sehr bald auf schauerliche Weise von einem altertümlichen Rasiermesser zerschnitzelt werden.
Huh! Danach wird der Zuschauer eine Weile diese gräulichen Fahrstühle meiden, in denen man auf ungewisse Dauer mit einen gefährlichen Mitmenschen allein ist. Die Bestie, die in diesem Fahrstuhl zugehackt hatte, verfolgt von nun an eine patente Prostituierte. Die einzige Zeugin. Gespielt wird sie von Nacy Allen, de-Palma-Fans bekannt als einer der besonders fiesen Teenager in „Carrie“. Sie ist de Palmas Frau. In diesem Film schlägt sie sich großartig. Gemeinsam mit Angie Dickinsons Sohn, ein bebrilltes, geniales Techno-Bastel-Monster, bringen sie das Böse zur Strecke.
Dazwischen und davor erleben wir wieder barock-ausschweifende Kamerafahrten, die dramatischen Aspekte eines Museums für moderne Kunst, New Yorker U-Bahn, Ficken im Taxi und andere Sensationen für Auge und Ohr (schwülstig-geile Geigen, die die verbotenen geilen Gedanken der Hausfrau Angie Dickinson untermalen). Brian de Palma übernimmt hier zwei Konzepte aus der Filmhistorie: Hitchcocks katholisches Motiv: Geilheit wird bestraft („Psycho“), und von Hawks „The Hawksian Woman“: die geschickte, selbstbewußte Frau, die sich gegen Männer durchsetzt. Die beiden Frauentypen, die spielerisch, nicht ideologisch, hier eingeführt werden, sind aber nur Aufhänger für die wilde Bilderwelt Brian de Palmas. Beeindruckend, daß bei allen Ausschweifungen, immer abolute Präzision herrscht, eine Einheit entsteht aus Sinnlichkeit und Intelligenz.
Streiten läßt sich über Details, über Momente abfallender Intensität, die es in „Teufelskreis Alpha“ nicht gegeben hatte. Im Gesamtwerk Brian de Palmas könnte man „Dressed To Kill“ einen dritten Platz hinter „Teufelskreis Alpha“ und „Carrie“ und vor „Obsession“ zuweisen. Sind aber alle Spitzenfilme.
