Die Bush Tetras spielten im Februar 1981 vor einem begeisterten Publikum im Hamburger Künstlerhaus, auch wenn damals auf dem Plakat auf die Vergangenheit der Gitarristin Pat Place hingewiesen werden mußte, damit überhaupt jemand kam: „Ex-Contortions“ hies es in unübersehbar großen Buchstaben.
Die Musik der Bush Tetras wird in der Tat stark von Pat Places eigenwilligen Gitarren- und Slide-Gitarren-Spiel geprägt, das auch die mittlere Phase von James White’s Contortions stark bestimmte. Hinzu kommt bei den New Yorkern aus Überzeugung der brüchige, kaputte Gesang von Cynthia Sley, der präzise, oft funkige Bass von Laura Kennedy und das kraftvolle Schlagzeug von Deep Pop, dem einzigen männlichen Mitglied. Das Konzept einer stark rhythmischen, wenig melodischen Musik, voller wehmütiger Slide-Seufzer und ohne einen direkten Pop-Appeal ging auf den beiden Singles und der einen MaxiSingle der Tetras nie so auf wie bei Live-Gigs. Ohne die Präsenz der vier markanten Individuen klingen die Buschtrommeln des Großstadtdschungels zu richtungslos und nicht so intensiv und spannend, wie zweihundert Connaisseure das im Künsterhaus erleben durften. Wer das Video zu der Neuaufnahme des Tetras-Hit „Too Many Creeps“ gesehen hat, wird allerdings nicht daran zweifeln, daß es den vieren demnächst auch gelingen wird, ihre „Rhythm’n’Paranoia“-Musik in konservierter Form zu organisieren. Wie der Satz „I don’t go out in the streets no more / there are too many creeps“ durch Außenaufnahmen in New York mit den Tetras und ausgesuchten Creeps, in deren Gesichter die Kamera hineinzoomt, dargestellt wird, ist schon sehr beeindruckend.
Blurt, die andere Band des Abends, die wie die Tetras, und demnächst auch Lydia Lunch, auf dem neuen Berliner Label People’s Records erscheinen werden wird, ist ebenfalls eine Live-Band, aber in erster Linie die eines einzelnen Mannes: Ted Milton. Der Sänger und Saxofonist improvisiert zu den harten, treibenden Figuren von Gitarre und Schlagzeug (dort sitzt Teds Bruder Jake). Die Abwesenheit eines Basses und Teds kreischendes, lärmendes, zuweilen auch sehr bluesiges Saxophon geben dem Blurt-Sound etwas angenehm hysterisches. Erinnerungen an Captain Beefheart kommen nicht nur durch den Gesangsstil, sondern auch durch Teds seltsam wuchernde Texte zustande, die er mit viel Leidenschaft ins Publikum brüllt. Songtitel wie „My Mother Was A Friend Of An Enemy Of The People“ können in etwa eine Vorstellung von Ted Miltons sprachlicher Welt geben. Nach zwei Singles, einer „Live-in-Berlin“-LP und einem eine LP-Seite langen Beitrag zu dem Doppelalbum „A Factory Quartet“, könnte man allerdings auf die Idee kommen, dem Blurt-Konzept, einen Mann sich austoben zu lassen, während die anderen nur Unterstützer-Funktion haben, könnte bald die Luft ausgehen. Die Studio-LP, die demnächst bei People’s Records herauskommt, wird darüber Auskunft geben. Live sind Blurt jedenfalls ein Ereignis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

