Die Gruppe Defunkt vereinigt in ihrer Musik alle Trends, die derzeit von New York aus als Mode die europäischen Szenen beeinflußt. Das Wortspiel in ihrem Namen, das auf Funk ebenso verweist, wie auf das Nicht-Funktionieren des Überkommenen, verdeutlicht recht präzise, worum es in dieser Musik geht. Joe Bowie (Posaune und Gesang) und sein Bruder Byron (Saxophon) haben eine bewegte Free Jazz und R&B-Vergangenheit, man kann sie auf Dutzenden von Platten des New Yorker Loft-Jazz-Undergrounds hören, ihr älterer Bruder Lester ist einer der Begründer des radikalen Art Ensemble Of Chicago, das schon seit den mittleren Sechzigern Furore macht.
Ausgerechnet über den weißen James Chance/White, in dessen Gruppen die Bowie-Brüder des öfteren mitspielten, kamen sie zurück zum gesungenen Funk, den sie freilich zu höchster Intensität aufkochten. Ihre Anfang 1979 gegründete Gruppe, deren Besetzung häufig wechselte, hatte ihre Grundpfeiler vor allem in dem gefragten Session-Bassisten Melvin Gibbs und dem einzigen Weißen, dem inzwischen verstorbenen Berliner Syntheziser-Spieler Martin Fischer.
Das Debüt-Album lebt von einer spannenden Konkurrenz zwischen erdigen, harten Funk-Elementen (aus so verschiedenen Richtungen wie Sly & Family Stone oder Funkadelic) mit jazzmäßig-gespielten Soli, die aber durch das stark betonte Kollektiv-Moment in der Defunkt-Spielweise immer auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Im wesentlichen ist die Musik arrangiert und festgelegt. Eine entscheidende Rolle spielen die zynischen, sophisticated Texte, die auf angenehme Weise von dem religiösen Schwulst frei sind, der so viele schwarze Gruppen prägt: „You’ve been strangling me with your love in a hotel room of totally disorder…“
