Ihre Tournee-Bilanz der letzten Jahre liest sich wie eine Agenda des Goethe-Instituts. Als Botschafter deutscher Querschädeligkeit, sprichwörtlicher Schwere (die metallenen Materialien der Neubauten sind halt schwer, und noch jeder zweite Journalist gefällt sich darin, im Zusammenhang mit den Neubauten von „Heavy Metal im wahrsten Sinne des Wortes“ zu sprechen) und avancierter Berliner Verwahrlosung sind sie aus der Repräsentation des Deutschtums im Ausland nicht mehr wegzudenken. Es ist nicht so, wie immer wieder gesagt wird, daß der Prophet nichts im eigenen Lande gilt; manche Propheten produzieren halt für den Export. Andere treiben Binnenhandel.
Dabei hatte alles so lokal, so schräg, so abseitig begonnen, daß kaum einer glauben konnte, diese Weirdos, die ihre Steinklopfer-Mutanten-Musik im Inneren von Autobahnbrücken aufnahmen, würden sich länger halten als der kurzfristig aufflackernde Schräg-Boom in der mittleren NdW-Zeit (’81). Inzwischen sind es fast fünf Jahre. Denn die Gruppe um Blixa Bargeld konsolidierte sich im Schrägen. Sie überlebten DAF und Ideal und verstanden es wie Xmal Deutschland, in Britannien die Exotismen der Post-Cocktail-New-Wave-Generation zu befriedigen. Besser: Sie waren eben die rasend aufregende Alternative zum hausgemachten Cocktail-Wave von 1982.
Auftritte auf Documenten, in der Mojave-Wüste oder bei Pariser Avantgarde-Shows schufen den Draht zur kosmopolitischen Avantgarde-Art-Intelligentsia, ihrer zweiten treuen Klientel neben den britischen Born-again-Punks. Seit 1984, inzwischen sind ihre Platten auf englischen Labels erschienen, Marc Almond küßte Blixa backstage, Stevo holte sie zu Some Bizarre, Birthday Party bzw. Nick Cave arbeitete mit Blixa, Fad Gadget widmete ihnen einen Song, und Test Department imitieren sie, wenden sie sich auch wieder der Heimat zu. Ein Konzert in Bochum wurde als einziger Deutschlandauftritt angekündigt (strafend zieht der Prophet die Augenbrauen hoch, ob der Ignoranz im eigenen Lande), doch der Test schien erfolgreich genug, nunmehr eine Tournee zu wagen.
Im Vokabular der Neubauten erscheint für mich zu häufig die Vokabel Energie, als „Energy“ Zentralbegriff jeder Hippie-Ideologie.
Aber ich kann darüber hinwegsehen. Nicht nur wegen der amüsanten Spekulationen über das Deutsche, das die Neubauten immer wieder im Ausland provozieren, nicht nur wegen ihres ultimativen Images, das sie nicht aufgeben oder modifizieren, sondern vor allem, weil Sänger Blixa Bargeld ein Entertainer ist, dem zuzusehen Freude macht.
