Gil Scott-Heron

Lange vor Rap gab es die Last Poets. Die gaben gereimte Black-Panther-Poesie zu Conga-Percussion von sich („Wake Up, Nigger!“), waren so politisch und radikal, daß es kochte – es war die Zeit, als schwarze Olympiasieger auf dem Treppchen schwarzbehandschuhte Fäuste reckten – und so hip, daß Nick Roeg sie unbedingt für den Soundtrack von „Performance“ brauchte, wo ihr Beitrag für alle späteren Auflagen der entsprechenden LP wegzensiert wurde. Zu heiß.

Nach den Black Panthers kam Gil Scott-Heron. Auch er arbeitete mit Sprechgesang, Congas und radikaler Politik, sang auch, begleitet von Top-Jazzern, über Blues-Themen und so lustige Dinge wie „Sex Education – Ghetto Style“. Weiße wie schwarze Insider liebten seinen Witz, seine Intelligenz und seinen Geschmack beim Aussuchen von Musik und Musikern die lieben langen Siebziger hindurch. Kaum ein einigermaßen gebildeter Linksintellektueller und Kabelfernsehgegner, der nicht sein „The revolution will not be televised / the revolution will be live“ zitieren konnte.

So gingen die Siebziger dahin, und Ronald Reagan wurde Präsident, und mit ihm wurde Gil Scott-Heron später, aber gerechter Ruhm zuteil. Sein viertelstündiger Räsonnier-Rap „B-Movie“ enthielt alles, was jedem zum Prez einfiel, aber auch jede Menge origineller, wenig verbreiteter Wahrheiten wie die, daß 26 % der registrierten Wähler kaum eine Mehrheit genannt werden können. Der sich ökonomisch klug zum Ende hin steigernde, mit Wortwitzen vollgepackte und in einem eingängigen Bläser-Chor-Duett endende Titel wurde sogar in Discotheken gespielt und sorgte dafür, daß den folgenden LPs des Veteranen ein höheres Maß an Aufmerksamkeit geschenkt wurde, als er es über ein Jahrzehnt gewöhnt war.

Nicht alles, was Scott-Heron über die Jahre veröffentlichte, war von gleicher Qualität. Zuweilen versuchte er sich als ganz normaler Soul-Sänger oder angespaceter Disco-Funker, und bei solchen Genres ist es ja immer wichtig, mit welchen Partnern man sich zusammen tut. Da hatte Gil nicht immer die glückliche Hand, die er bei seinem Umgang mit Jazzern in früheren Jahren bewiesen hatte. Seine politischen Texte überzeugen auch nicht etwa, weil Gil die allerungewöhnlichsten Erkenntnisse hat, sondern weil seine Wortspiele swingen, sloganartig Wahrheiten ans Tageslicht befördern. Der Mann sinkt nie unter ein bestimmtes Niveau, seine Coolness verbietet ihm das Anbiedern bei der reinen, guten Gesinnung. Ein gesunder Zynismus hält ihn jung.