Grundsätzliches zu Gun Club stand in der letzten Nummer, Abt. LP-Kritiken. Nun also Detaillierteres: Nach dem letzten Gun-Club-Konzert in Hamburg waren einige sonst äußerst ruhige und distinguierte Musik-Connaisseure so aufgeheizt, so geladen, männlich-aggressiv sexualisiert, daß sie ohne Not in alle möglichen Lokale gingen und Schlägereien mit ihnen körperlich weit überlegenen Mitmenschen anzettelten, sich fremdartigen Drogen ergaben, die sie nie vorher und nachher in ihre Nähe kommen ließen, und fremde Frauen mit derart satanischen Blicken fixierten, daß diese die Flucht ergriffen.
In New York sah ich den Gun Club im versyphten „C.B.G.B.s“ an der Bowery. Meine Begleiterin war schon eingeschlafen, denn es dämmerte bereits. Nur noch wenige hatten in diesem Kotpfuhl die mehrstündige Wartezeit durchgestanden, die meisten hatten sich ihr Geld zurückgeben lassen.
Als dann Pierce, die blonde Bestie, auf die Bühne torkelte und die anderen ihren Lärmblues dazugaben, wankten reihenweise die bizarrsten, zerissensten Penner und Unterweltgestalten in den Laden. Wie in „Excape From New York“. Eine Invasion der Zombies, die jaulend dem Zustand Rechnung trugen, daß sie plötzlich durch einen magischen Vorgang ihr Bewußtsein zurückerlangt hatten. Es war zum Eisenbahnbauen. „Best Of Both Worlds“.
Mit diesen Männern oder diesen anderen Männern aus Hamburg hätte man die Welt aus den Angeln heben können. Den Mond besteigen. Die Eiger-Nordwand, das Establishment dahinmetzeln, die Lüge aus der Welt schaffen.
Also Gun Club vermitteln so eine horrormäßige Luzidität bei gleichzeitig größtmöglicher Trunkenheit, daß man von ihren Konzerten (jedenfalls den dreien, die ich gesehen habe) nur als Schlüsselerlebnis sprechen kann.
