Die Hamburger Kinotage informierten mal wieder über die Entdeckungen von der Programmkinofront, was wir sahen, werdet ihr in den knapp 100 Programmkinos der BRD in den nächsten Monaten angeboten bekommen (oder auch nicht). Kein Filmfestival(-Bericht), nur ein Preview:
„Permanent Vacation“ von Jim Jarmusch, das Porträt des vagabundierenden Aloysius Parker, der zu Earl Bostic tanzt und seinen Sohn Charle nennen will, konnte nicht ganz die Hoffnungen erfüllen, die wir in ihn gesetzt haben. Kein Film „wie Lounge-Lizards-Musik“, nur ein kurzer Auftritt von John Lurie (aber fantastisch: Alyosius trifft ihn nachts auf der Straße. Er packt das glänzende goldene Tenorsaxophon aus und grunzt: „What do you wanna hear kid?“. Er improvisiert dann über „Somewhere Over The Rainbow“, was wiederum mit einer Anekdote, die ein lustiger Free-Jazz-Neger in einem Kinovorraum erzählt, korrespondiert) und neben vielen wunderbaren Szenen, muß man ein ums andere Mal hören wie der kleine Aloysius sein heimatloses Leben erklärt und dabei erstens immer wieder dasselbe sagt und zweitens immer nur das sagt, was einem der Film sowieso vorführt. Trotzdem war „Permanent Vacation“ neben dem Brechtianisch-humorvollen Valie-Export-Werk „Menschenfrauen“ der beste Film des Angebots.
Vielversprechend, aber keineswegs ausgereift: „Mirrors“ von Noel Black! Ein unsicher zwischen vielen grandiosen filmischen Ideen taumelnder Horror-Film um New-Orleans-Mythen. Eher enttäuschend dagegen „Das Casanova-Projekt“ von Arnold Hau, letzteres ein Pseudonym für eine Gruppe mehrerer „Titanic“-Autoren. Trotz eines hervorragenden Alfred Edel als unmöglicher Casanova – und lebenslustiger Selbstdarsteller, bleibt der Film doch zu sehr in Konventionen des Kino-Humors hängen und erreicht nie die geniale Dimension, die Waechter, Gernhardt und Konsorten mit ihrem geschriebenen und gezeichneten Opus vorgelegt haben. Schön hätte ein Wiedersehen mit Fritz Langs „Blue Gardenia“ von 1952 werden können, wenn man nicht eine typische Fünfziger-Jahre-Synchronisation benutzt hätte, die den Film in Loss Antscheless spielen läßt und amerikanische Staatsbürger-Namen wie Tschack Tschon und Tschodsch tragen läßt. Daß das „Auf Wiedersehen“ nach einem Telephongespräch erst fällt, als der Hörer schon ungefähr fünf Sekunden auf der Gabel liegt, ist auch nicht sehr angenehm. Monte Hellmans schon recht altes, aber angenehmes „Road Movie“ „Two Lane Black-Top“ versorgte noch mal alle Wenders-Fans mit der süßen Melancholie der Landstraße. So sah die Vorstellung eines permanenten Unterwegs-Sein vor zehn Jahren aus. Dokumentarfilme wie das polnische Werk „Arbeiter 80“ und der Harrisburg-Report „We Are The Guinea-Pigs“ haben wir verpaßt, man hörte eine Menge Gutes über diesen Programmteil. Todlangweilig soll dagegen das Anna-Magnani-Porträt „Io Sono Anna Magnani“ gewesen sein. Erwähnenswert noch der Beitrag des legendären Squat Theatre aus New York, das einen Teil eine Doppelprogramms aus zwei halblangen Filmen zeigte. „Mr. Dead & Mr. Free“ soll zusammen mit dem Squat-Standard „Andy Warhols Last Love“ in die Kinos kommen.
Fazit: Das Niveau der Kinotage war diesmal um einiges höher als bei den beiden letzten Veranstaltungen, aber ein neuer Durchbruch wie „Eraserhead“ wurde auch diesmal nicht gefunden.

