Roter Faden ist die Entwicklung in Musik, Arbeitshaltung, Zusammenleben und Weltbild der Musikkommune Amon Düül II. Die Musik als fertiges, konsumierbares Produkt spielt dabei nur eine Nebenrolle, sie ist ja bekannt, für jedermann verfügbar und die Auseinandersetzung mit ihrem Gebrauchswert findet hier nicht statt.
Die auch unseren Lesern wohlbekannte Rockjournalistin hat stattdessen noch einmal das kulturelle und politische Spannungsfeld in der BRD (incl. geistiger und geografischer Umgebung) durch Dokumente und persönliche Erinnerungen lebendig werden lassen, Musiker und Pressetexte zitiert, Tagesmeldungen neben Underground-Flugblätter gesetzt, sodaß, wie weiland Goethe es forderte, das Besondere zu einem Allgemeinen wird: Das alte Problem, die Träume und Wünsche der spätsechziger Subkultur mit effizienter Arbeit in einem ungeliebten System und der dazugehörigen Anpassung zu vereinbaren. Scheitern und Gelingen im Fall Amon Düül II sind exemplarisch für unzählige andere Bands und Kulturschaffende der westlichen Hemisphare. Wie sie dabei zu einem hoffnungsvollen Schluß kommen kann, bleibt mir als Vertreter einer späteren skeptischeren Generation etwas dunkel.
Die übereinstimmende Meinung einiger zitierter Zeitgenossen, daß es mit dem Deutschrock bergauf ginge, kann wohl kaum darüber hinwegtäuschen, daß das Spezifische im Musik und Lebensstil von Amon Düül II und der sie umgebenden Münchener Szene, deren geistige Regsamkeit und Phantasie hier so anschaulich geschildert wird, heute ziemlich anachronistisch ist. Deswegen ist Ingeborg Schobers Buch für mich eher hochinteressantes kulturgeschichtliches Material als ein Eingriff in die Problematik der BRD-Kulturlandschaft an der Wende zu den 80ern.
rororo Sachbuch, 261 Seiten und Anhang, 9,80 DM
