Kid Creole & The Coconuts

Mit den Latino-Disco-Fusionen des New Yorker Elegant August Darnell eroberte das große Entertainment erst das Hip- und im letzten Jahr auch das breite europäische Publikum. Das war vor einem Jahr, doch die Zeiten ändern sich.

Darnells Karriere begann in der Disco-Showband seines verbrecherischen Halbbruders, Dr. Buzzards Savannah Band, die mit „Cherchez les femmes“ einen großen Hit hatte. Aus der Erbmasse dieser Gruppe war die Partnerschaft Andy Hernandez (Vibraphonist und Arrangeur) / August Darnell (Songwriter) hervorgegangen. Hernandez, auch als Coati Mundi oder Sugar Coated Andy Hernandez bekannt, hat einen vielfältigen Background in der New Yorker Salsa-Szene. Darnell erwarb sich einen Namen als Produzent für das enorm angesagte, aber wenig erfolgreiche Hip-Disco-Label ZE (James White, Lizzy Mercier, Cristina), das schließlich auch die erste Kid-Creole-LP auf den Markt brachte. Das Kid-Creole-Konzept stellte Darnell als hedonistischen Bonvivant in den Mittelpunkt, unterstützt von einer wirbelnden Big Band im Tropen-Outfit und drei Sängerinnen, immer ziemlich halbnackt, die auf den Namen The Coconuts hören. Dazu brachte Coati Mundi Hernandez clowneske Einlagen, sah lustig aus (klein und kahl) und trug hin und wieder einen eigenen Song vor oder sang mit Hernandez’ im Duett. 1981 waren Kid Creole & the Coconuts das Ding in England.

Die zweite LP war eine Konzept-LP oder Mini-Oper, die sich anschickte, Darnells Alter ego, eben das Kid, unter dem Motto „If you leave New York you go nowhere“ eine psychologische Weltreise unternehmen zu lassen. Die dritte LP war eine ziemlich slicke Disco-Platte, die das ironisch-intellektuelle Stilmischmasch zugunsten eines leicht genießbaren, cleveren, zeitgemäßen Disco-Stils aufgab. Mit ihr kamen der Erfolg und die Krise: Die Kid-Creole-Show, routiniert, aber immer noch begeisternd, wurde dem Massenpublikum zusammen mit Trio und Ideal serviert. Andy Hernandez rebellierte, weil man seine Freundin aus dem Damentrio entfernt hatte und er immer noch nur einen eigenen Song pro Abend singen durfte (den Spanglish-Rap „Que pasa?/Me No Pop I“, in der Tat regelmäßig der Höhepunkt). Ein Pressekrieg Darnell versus Hernandez entbrannte, der jedoch nichts an der weiteren Zusammenarbeit der beiden änderte.

Dennoch schienen Darnell die Ideen auszugehen: Das Solo-Album der Coconuts, von ihm alleine geschrieben und produziert, wiederholte nur Altbekanntes und überdehnte das Tropic-Fun- und Hedonismus-Image des Darnell-Clans. Hernandez produzierte Palais Schaumburg und nahm eine Solo-LP auf, die in der Tat vor Ideen birst, aber in ihrer aufdringlichen Gutgelauntheit auf die Dauer die Nerven schädigt.

Inzwischen haben sich die Coconuts und Hernandez wieder öffentlich aufs Intimste beschimpft und der Talentlosigkeit bezichtigt. Jetzt sind sie wieder auf Tour, mit einer schwächeren vierten LP im Gepäck. Nicht mehr hip, aber hoffentlich noch gut.