Vordergründig gesehen malt „Long Weekend“ den gegenwärtig unter Öko-Freaks populären Gedanken aus, die Natur könnte und würde sich an der sie verstümmelnden Zivilisation und ihren Trägern rächen.
Filmgeschichtlich gesehen handelt es sich bei diesem Film um eine thematisch verfeinerte, kinematographisch weniger radikale Variante des „Die Vögel“-„Squirm“-„Invasion der Bestien“-„Mörderspinnen“-Genre.
Politisch-kulturgeschichtlich haben wir es aber auch mit einer Reflexion australischen Selbstbewußtseins zu tun. Denn in keinem von Europäern kolonisierten Gebiet der Erde existieren ursprüngliche Landschaft/Urgesellschaft/Natur so unverfälscht neben der völlig fremdartigen europäischen Kultur weiter.
Pete und Marcia, ein zerstrittenes Paar, verbringt ein Wochenende an der See, an einem völlig unberührten Strand, direkt an einem Dschungel gelegen. Pete ist ein normaler Junge: Er surft, fährt gern Auto, campiert gern im Freien, fickt, kifft, liest den „Playboy“, spielt Gitarre und ballert mit seinem Gewehr in der Gegend ’rum. Seine Frau ist neurotisch, zänkisch, vernörgelt – das Produkt seiner unsensiblen Kraftmeierei, was die Filmerzählung – ohne sich mit Rückblenden oder chronologisierenden Kraftakten aufzuhalten – recht sensibel vorführt.
Das Paar verlegt seine kranke Welt in die unberührte Einöde, die mit Ursachen der Deformation unserer Helden nichts zu tun hat, und so kommt es zum Zusammenprall. Die beiden verstehen die Zeichen der Natur nicht zu lesen, sind also nicht lebensfähig.
Die Bildführung erfaßt sehr geschickt Petes kranke Interpretation von Natur, von der er sich Heilung und Erholung für die strapazierte Ehe erhofft: Sie zeigt ihn und seinen Hund, wenn sie spazieren oder Pete mit seiner Büchse in Waidmannspose umherstolziert, stets in eine „Stern“-Farbdoppelseiten-Welt versetzt, die immer dann Sprünge erhält, wenn Petes Perspektive verlassen wird und die eigensinnigen, fremdartigen Wesen des Dschungels und des Meeres agieren.
Ein kleines Oppossum etwa, das sich mitten in dem fiesen, häßlichen Kleinfamiliencamp tummelt, Weintrauben klaut und von Pete angesprochen („My little friend… heideidei…“) ihn flink und geschickt in die Hand beißt. Der Konflikt mit der Natur verschärft sich durch viele kleine Horror-Begegnungen in gleichem Maße wie der interne Konflikt des Paares und endet in einer symbolischen Katastrophe.
Ähnlich wie Nick Roegs „,Walkabout“ wird die australische Zivilisation, immer neben ihrem extremen Gegenteil (Wüste, Dschungel, Einöde) gelegen, als besonders häßliche, perverse Spielart des 20. Jahrhunderts vorgestellt und am Beispiel eines Mikrokosmos, beispielhaft mit ihrem selbstverschuldeten Untergang konfrontiert.


