Michael Winner: Tote schlafen besser

Bevor ich den Film sah, hatte ich mir fest vorgenommen beim Betrachten nicht dem bürgerlichen Unsinn von Werktreue und definitiven Fassungen zu verfallen. Keine Vergleiche also mit Howard Hawks’ Meisterwerk „The Big Sleep“ von 1946, das den gleichen Chandlerroman zur Vorlage hat.

Um es vorwegzunehmen: Robert Mitchum, einer meiner liebsten Schauspieler, mußte wieder einmal für einen unglückseligen Flop den Kopf hinhalten. Seine zusammengekniffenene Augen, die Ekel vor seiner Umgebung verraten, sind das Einzige, das mich im Kino hielt.

Sarah Miles spielt die Rolle der dekadenten Offizierstochter so erbärmlich, ohne eine Spur von Charme, stattdessen bemüht verworfen und dabei im Herzen so bieder. Die Namenlose, die ihre kleine Schwester stellt, wäre selbst für „Derrick“ untragbar: eine Schauspielschulen-Drogensüchtige. Dann die unselige Idee die Handlung aus dem schwarzen L.A. in ein gesichtsloses Vorstadt-London verlegen, das keinerlei Spuren irgendeiner Zeit verrät. Die oberen Zehntausend leben in opulenten Antiquitätenladen, deren filmische Wirkung von jedem thailändischen C-Picture mühelos übertroffen wird. Selbst die Wohnung von Philipp Marlowe atmet diesen miefigen Dunst spießiger Stilunsicherheit und prätentiöser Überladung.

Das Schlimmste aber, was eben weder einem Hawks, noch einem Chandler selbst in deren traurigsten Stunden je passiert wäre, ist der, gerade für Robert Mitchum völlig unpassende moralische Zeigefinger, den dieser ständig zu erheben gezwungen ist, etwa wenn er sagen muß: „Dieses Mädchen gehört in eine Anstalt! Ich gebe Ihnen drei Tage Zeit Ihre Schwester in eine Anstalt zu bringen.“

Ein Film von einem Mann, der offensichtlich von filmischen Mitteln und deren Effekten, jenseits des Konfektionskrimis nichts weiß.