Of the songs I will sing to you
You can hear every word
that I ever heard, comin’ to you.
These things can only happen
once in a lifetime
these things can only happen here
If you have a time
someone will touch you softly
and it will be me
someone will call your name
and you will be free
free as the wind
free as rain that falls.(Quicksilver Messenger Service,
„Just for Love, Part One“)
Von den wenigen, die Quicksilver Messenger Service noch kennen, mögen die wenigsten die LP-Veröffentlichungen 4 bis 7 dieser Gruppe. Ein gut Teil der Jugendlichen, die in der ersten Hälfte der 70er zum Joint griff, hatte „Happy Trails“ im Plattenstapel, das Live-Album mit dem romantischen Cover – von denselben Grafikern, die auch die ersten „It’s A Beautiful Day“-Cover gestalteten – und den zwei Seiten füllenden Versionen der Bo Diddley-Klassiker „Mona“ und „Who Do You Love“. Wer diese Platte zur Verschönerung bewußtseinserweiternder Erfahrungen kennen und schätzen gelernt hat, singt noch heute mit belegter Stimme das Lob der Gitarristen Gary Duncan und John Cippolina, deren euphorischer, sonnenanbeterischer, irgendwie mit Hispanismen versetzter Ton in der Tat einmalig blieb. Auch wenn Cippolina heute ein unspektakulärer Waffennarr und Späthippie geworden und Duncan völlig von der Bildfläche verschwunden ist, so sind sie doch als Legenden ziemlich langlebig.
Dem voraus ging eine Debüt-LP, die auch expressis verbis „the golden sun“ anbetete und mehr die Komposition (naturgemäß) als die Improvisation in den Mittelpunkt stellte, eine heute noch wunderschöne Platte, die es in Sachen weiße mobilisierende Seele mit z. B. „Felicity“ von Orange Juice aufnehmen kann. Ein Singen, das immer kurz davor ist, in mädchenhaftes Juchzen umzukippen, was eine innere Instanz in der Männerstimme bekämpft. Reibung erzeugt Reibungshitze. Und immer wieder geht die Sonne auf. Der wuschelköpfige David Freiberg war dieser Sänger, er gehörte zu der damals verbreiteten Spezies Baß-spielender Geiger (vgl.: John Weider, Rick Grech, Jesse Gat), und er blieb etatmäßiger Quicksilver-Sänger bis einschließlich zur dritten Platte, die schwache „Shady Grove“, auf der nur das Titelstück gut war, trotz seines Pamphlets für die Stadtflucht.
Freiberg wurde später von dem Strudel der Jefferson-Airplane-Aktivitäten eingesogen, wo er glaube ich, noch heute tätig ist. Neu hinzu kam damals der Session-Prania Nicky Hopkins. Hopkins und Freiberg blieben bei Quicksilver als Hintergrundmusiker, als der Mann auf der Bildfläche erschien, um den es hier eigentlich gehen soll: Dino Valente.
Wir schreiben 1970. Dino Valente hatte zwei Songs geschrieben unter seinem Pseudonym Chet Powers, die bis heute Klassiker-Status haben: „Hey Joe“ und „Let’s Get Together“, eine Hippie-Hymne, die bei Jefferson Airplane und der Dave Clark Five schon viel Freude gemacht hat, aber ultimativ von den Youngbloods auf ihrer „Ride The Wind“-Live-LP realisiert wurde. Als Dino zu Quicksilver stieß, war er bereits eine Kultfigur der Westcoast-Szene. Er galt als der größte Ficker westlich des St.-Andreas-Grabens und als er anfing, seine eigene Band in die Hand zu nehmen, Songs zu schreiben und als Frontmann vor einer gut reputierten Kraft der sogenannten Progressiven-Pop-Musik zu agieren, war er zunächst einmal unglaublich befriedigt.
So falsch die Dampfkessel-Theorie der Sexualität sein mag, Dino war einfach der absolut leere, ausgedampfte Dampfkessel. Das Feeling, das er nun drei LPs lang, die von der offiziellen Rockkritik gerne als „beispielloser Niedergang“ beschrieben werden, vermittelte, hieß Post-Coital-Joint. Die Gefühle beim Joint danach, aufgedunsen zu einem formlosen musikalischen Räsonnement, das das bald folgende rundum glückliche Wegdämmern mit Sex und Pot im Körper antizipierte, waren seine Verheißung einer rundum freien Welt, aufgebaut auf einer zwanglosen Sexualität.
„Just For Love“ ist der programmatische Titel der ersten LP, die unter Dinos Regie entstanden ist. Dino hatte jahrelang in der L.A.-Club-Szene getingelt und seine Songs waren auch ohne Plattenaufnahmen Hits. Wegen Drogenbesitzes wanderte er ins Gefängnis. Die Einnahme aus den Versionen seines „Let’s Get Together“ („Come on you people now / smile on your brother / everybody get together / try to love one another right now“) halfen ihm aus dem Knast. Für seine erste Solo-LP erwartete man seine Hits oder Lieder wie „Dino’s Song“, das er für die erste Quicksilver geschrieben hatte, stattdessen gab es bereits die „strange mysterious songs that sneak up behind you“ (Lilian Roxon), die später „Just For Love“ prägen sollten. Als er bei QMS fest einstieg, galt er als eine „macrobiotic-solar-energy-legend“ „but mainly he’s a lady’s-man-legend“. Und Tom Donahue: „If every chick Dino’s ever known buys the record, it will be Number one.“
Der Zustand der totalen Befriedigung produzierte die totale Langsamkeit. So langsam ist Popmusik nie wieder gewesen. Langsam nicht als Tempo im musikalischen Sinne, langsam nicht als Attitüde wie bei J. J. Cale, sondern langsam im Sinne von völlig-ohne-„Drive“, völlig-ohne-„Power“, ohne „Druck“. Ohne die vielgeliebten Ausbruchs- und Aggressionsqualitäten des Rock. „Just For Love“ erscheint zweimal, die folgenden Songs ankündigend und sie abschließend resümierend, auf der gleichnamigen LP. Wir liebten das Lied, wenn wir im offenen Käfer durch die City-Nord fuhren und das nächste Lied der Platte uns das empfahl, was wir gerade genossen: „Uuuuuh, have another hit / of fresh air!“
Die historische Einmaligkeit liegt bei „Gone Again“ und „The Hat“, lange ziellos, kreisende Songs, offensichtlich im Studio improvisiert, allerdings durchgehend mit Gesang, über die sich endlos das befriedigt schwärmende Grunzen des zärtlichen Macho Dino legte. Er war ein ekelhafter Hippie, aber er ging weiter als alle anderen. Er war drin, mitten in der 100: der Hippie am Ziel seiner Wünsche. Im endlosen makrobiotischen Dauerfick, soviel Energie produzierend, daß man mühelos einen Wolkenkratzer hätte heizen können. Er verkörpert all das, was noch heute Sex-Energy-Ideologen in San Francisco und L.A. und Bhagwans in Köln und Berlin verkaufen, ohne es je in der Hand gehabt zu haben.
Platte Nummer 5 war „What About Me“ und du kannst sie vergessen, wenn du „Just For Love“ hast. Sie war die Wiederholung der Methode, ohne etwas neues zu erreichen. Im Gegenteil, es war sogar wieder etwas Dampf im Kessel.
Ein Ereignis, ein WERK, dagegen, die vollkommen unterbewertete Platte Nummer 6: „Quicksilver“. Das Schlagzeug Greg Elmores, bis zum Verschwinden weggemixt, erreicht Mo Tuckersche Unauffälligkeit (ich glaube, Greg Elmore war zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr dabei. Jedes der vier Urmitglieder war irgendwann einmal ausgestiegen und kam doch wieder zurück. Ich vermute ebenfalls, daß Cipollina, die fortlaufende Kastrierung seiner Gitarrero-Persönlichkeit nicht weiter hinnahm und sich für diese Platte, die keine Besetzungshinweise enthält, frei genommen hat.) Doch die Songs sind konziser und kommerzieller, als es ihre „strange mysterious“ Vorgänger waren. Sie sind darüberhinaus total rührend. Hier 1972 unternimmt die Gruppe um Dino, nun nicht mehr so befriedigt, den Versuch, alte Euphorie um befriedigte, freie Leiber im freien sonnigen S.F. erneut herbeizusingen: „Hope“, „Song For Frisco“ etc. Ich weiß, daß alle vom Niedergang sprechen. Brüder, ich sehe es anders. Wir haben doch eine Menge erreicht, kommt, laßt uns weitermachen. Wo sind all die jungen Hühner hin? Die Platte verkauft kein Stück.
Quicksilvers letzte hat nur noch einen guten Song: „Doin’ Time In The U.S.A.“, wo Dino über seine Gefängnis-Erfahrungen singt. Danach verfällt man dem aufkommenden Power-Diktat, läßt sich den Schneid, sprich die Langsamkeit, abkaufen.
1975 kam es zu einer Reunion mit gar nicht mal so unbefriedigenden Ergebnissen, doch nicht auf der einmaligen und unwiederholbaren Linie von „Just For Love“. Vorher, nachher und immer wieder handelt die Musik der Jugend von Sex-wollen-und-nicht-kriegen, bestenfalls von Sex-fordern. Nur einmal handelte sie davon, Sex im Überfluß zu haben, ohne Neurose, ohne Macht, ohne Geld, ohne Wirklichkeit. Ich verlange nicht, das man diesen Zustand schön findet. Den Zustand des endlosen „post-coital joint“ („I’m tired and sweet of making love / it’s just too late / you have to wait / bring your business around here / in the morning“ Jefferson Airplane: „Law Man“). Aber die Einmaligkeit der dazugehörigen Ästhetik, verlange ich angemessen gewürdigt zu sehen. Ein paar Exemplare von „Just For Love“ sollte es noch als EMI-Wiederveröffentlichung aus dem Jahre 79 geben.
