Rosa von Praunheim: Das Todesmagazin

Die Nacht bevor ich den Film sah, träumte ich meine eigene Hinrichtung durch eine Guillotine. Lange mußte ich in der Todeszelle auf das Fallbeil warten, bekniete Wärter und Scharfrichter. Schweißgebadet wachte ich auf und entschloß mich, „Das Todesmagazin“ zu sehen.

Die massive Medienunterstützung, die der Film durch seine Nichtausstrahlung im ZDF, sowie durch „Zeit-Magazin“, „Tip“ und andere Kulturblätter erfahren hatte, machte mir zunächst wenig Lust. Rosa von Praunheim selber hatte in Interviews mit dem ihm eigenen Charme auf den Film aufmerksam gemacht und die Abnutzungserscheinungen die diese Selbstdarstellungen der selbstbewußten homosexuellen Außenseiterkultur mit der Zeit erfahren haben, prägen auch Teile des Films. Rosa parliert lächelnd mit Peggy, eine verrückte Alte redet von Astralleibern, Wiedergeburt, schottischen Hexen, ein Institut, das unheilbar Kranke auf den Tod vorbereitet, wird vorgestellt und eine New Yorker Schulklasse, die Unterricht im Fach Tod hat. Die unvergleichlichen Contortions spielen drei Stücke („You’re useless / You’re designed to kill“ – Höhepunkt des Films), James Chance brüllt und springt ins Publikum wie in ein großes schwarzes, endloses Loch und seine Freundin und Managerin, die stets ultra-hippe Anya Philipps redet von den Wonnen ein Vampir zu sein oder von Sid Vicious erstochen zu werden, dabei krabbelt sie über schmutzige New Yorker Straßen und liest Müll auf: Die herrlich-verrückte Welt des Rosa von Praunheim – der ultimative Kunstschulentraum, ein Freigehege voller Narren, sympathischer und unsympathischer Narren, interessanter und ermüdender Narren.

Doch das Thema ist gewichtig: Zwischen alle Episoden montiert Praunheim, ziemlich beliebig, Bilder vom Sterben in aller Welt: natürliche Tode, Massaker, Hinrichtungen, Verhungern in der Sahel-Zone, Riten in Indien und Mexiko – bunte Welt des Sterbens.

Die Attitüde des Films ist zweischneidig: Einerseits – Sterben ist gar nicht schlimm, habt keine Angst, Tod will be fun, die Mexikaner sehen das auch nicht so verbissen; andererseits – Sterben ist wichtig, verdrängt nicht, stellt euch darauf ein, Memento Mori, es ereilt alle, meditiert, seid ernst und bewußt, seht einer Leiche in die Augen!

Das Bekenntnis einiger Mitwirkender, der Tod sei nichts Schlimmes, keine Strafe, rechtfertigt, zu Ende gedacht, die baumelnden Delinquenten auf dem Marktplatz von Damaskus. Aber dieser Film wird eh niemanden verändern, ist nur hip und harmlos, ich empfehle stattdessen Alpträume.