Vom sweeteste Girl zum neuesten, zum Word-Girl sind vier Jahre wechselhaftester Pop-Geschichte ins Land gegangen. Greens Band Scritti Politti entwickelte sich dauerhaft zu einer Institution britischer Pop-Musik, auch wenn er liebte, sich rar zu machen und seine Veröffentlichungen zu streuen und zurückzuhalten wie ein Kunsthändler.
Der Überraschungsbonus, den Scritti am Anfang ihrer Pop-Karriere kassieren konnten, weil sich das „sweetest“ Girl so markant von den weißen Amateur-Reggae-Versuchen der frühen, lautstark politisch ambitionierten Scritti-Phase absetzte („Skank Bloc Bologna“), wird heutzutage nicht mehr so ohne weiteres rausgerückt.
Im Gegenteil: Der Mann hat einen Ruf zu verteidigen. Green war angesichts der von Nietzsche bis Derrida, von Wittgenstein bis Deleuze die komplette Philosophiegeschichte einbeziehenden Rechtfertigungen und oft sehr inspirierten Überhöhungen seiner Hinwendung zum Brit-Pop zum Star der intellektuellen, hedonistischen Kritiker-Fraktion jener Zeit geworden, die, wie auch dieser Schreiber damals, den politischen Verunsicherungswert einer Grace-Jones- oder einer ABC-Platte weit höher veranschlagte als den einer klassisch politischen Band wie Gang Of Four, Clash oder The Jam.
Daß Pop ein komplexes künstlerisches System und nicht einfach nur populäre im Gegensatz zur elaborierten E-Kultur ist, niemand hat es besser verstanden, den dieser Kultur verfallenen Bürgerkindern ihr schlechtes Gewissen auszureden, als Green. Daß der Weg von Pop zur Kunst nicht über die Erweiterung durch lange Soli, beherztes Ergreifen der Atonalität oder den Flirt mit exotischen Kulturen führte, sondern daß bereits in jedem Song der Beatles, Small Faces oder Monkees, ja in jedem Hüftschwung Elvis’ so viel Subtilität bereits vorhanden war, daß ein Aufbruch dahin gar nicht angetreten werden muß, daß Pop etwas Eigenes ist, das man nicht mit Jazz oder Literatur verwechseln sollte – all diese Erkenntnisse, die für unsere Generation das Jahr 1982 auf besonders dramatische Weise ans Licht und in die Pop-Praxis beförderte, fanden in Green ihren eloquentesten Vertreter.
Er brauchte den Schreibern des NME nur in die Maschine zu diktieren, und die Theorien für das Jahr 82 waren geboren. Selbstverständlich hatte er anschließend unter dem obligatorischen Backlash zu leiden, und als der NME 1984 soweit war, Pop den Krieg zu erklären, hätte man erwarten können, daß er zu den Opfern der ersten Scharmützel hätte zählen müssen. Doch nach einem ausgiebigen New-York-Aufenthalt, der Zusammenarbeit mit dem legendären Aretha-Franklin-Produzenten Arif Mardin und der Ernennung der beiden Material-Freunde Fred Maher und David Gamson zur neuen Scritti Politti, begann Green Anfang 84, gut 1 1/2 Jahre nach seinem Rough-Trade-Album „Songs to Remember“, wieder Singles auszustreuen, die schließlich in der LP „Cupid And Psyche 85“ gipfelten, die dieser Tage auf Virgin erscheint.
SPEX: Als „Songs To Remember“ erschien, war es eine bestimmte Geste, eine Platte zu veröffentlichen, die melodisch stark war, stark von Soul und Gospel beeinflußt; heute ist jeder von schwarzer Musik beeinflußt und vor allem, jeder ist melodisch.
GREEN: Ja. Das stimmt.
SPEX: Was bedeutet das für deine Arbeit?
GREEN: Wenn dies die Frage vorbereitet, warum ich nicht damit aufgehört habe und etwas anderes begonnen, nachdem ich „Songs To Remember“ aufgenommen hatte, dann sage ich zunächst mal: Ich habe mich zwar auch verändert, musikalisch, aber generell glaube ich nach wie vor, trotz aller Probleme, daß Pop-Musik immer noch mehr Möglichkeiten eröffnet als verschließt. Und wenn man sich die Geschichte dessen ansieht, was man die britische Unterground-Musik nennen könnte, von Robert Wyatt über Henry Cow, dann weiter über Throbbing Gristle zu Test Department, dann seh ich auf diesem Gebiet weit mehr Beschränkungen als in der Pop-Musik.
Man hat doch in meiner Situation nur drei Möglichkeiten: entweder man hört ganz auf, oder man macht Lärm, irgendeine Art von von Metal Machine Music, oder man schreibt Songs. Was mich heutzutage am meisten interessiert, ist Songs zu schreiben, und ich habe aus Erfahrung die Entscheidung getroffen, daß für mich Pop-Musik die beste Kunstform ist. Der Unterschied zwischen dieser LP und „Songs To Remember“ ist, daß ich hier den Versuch unternommen habe, Techniken zu meistern, was meiner Ansicht nach ein legitimes Anliegen ist. Denn, wie auch immer die theoretische Grundlage der Entscheidung, Pop-Musik zu seinem Forum zu machen – für eine bestimmte Zeit –, aussehen mag, man muß einmal den Versuch machen, ihre Technik zu beherrschen.
Aber es stimmt. Es gibt verdammt viele, die zur Zeit von schwarzer Musik beeinflußten Pop machen. Nur wäre es der falsche Weg zu sagen: Wenn die das schon machen, mach ich das nicht mehr.
SPEX: Nein. Das ist nicht der Punkt. Aber die Bedeutung von bestimmten Einflüssen, wie zum Beispiel Soul, hat sich geändert. Ganz allgemein hat sich die Bedeutung des Zitats in der Pop-Musik, die Bedeutung des Aufgreifens der eigenen Geschichte gewandelt. Was 1982 präzise und strategisch war, ist heute der puren Beliebigkeit anheimgefallen.
GREEN: Es ist wahr, daß wir heute einen professionellen Eklektizismus haben. 1982 war es nett und sehr anständig, in gleicher Weise Coltrane und Dollar zu hören und ABC und die Archies. Dann wurde daraus eine Lebensform, diese Haltung wurde institutionalisiert und professionalisiert. Und das ist mit ein Grund, warum sich Scritti Politti so relativ wenig verändert haben. Weil wir eine gewisse Orthodoxie dem professionellen Eklektizismus vorziehen. Obwohl es mir großen Spaß machen würde, mehr mit Zitaten zu arbeiten, mit Hiphop und Gospel, und dann daraus einen Cocktail anzurühren, das würde mir gefallen. Aber aus genau den Gründen, die wir hier diskutiert haben, geht das nicht.
SPEX: Wir Deutsche haben ja das fragwürdige Privileg, uns immer dann, wenn von der britischen Insel nichts Inspirierendes mehr kommt, der amerikanischen Musik zuzuwenden, und das passiert heute hier und ja auch in England. Für das bewußte hiesige Pop-Publikum, den Underground, die Avantgarde, unsere Leser eben, scheint die Musik von Bands wie R.E.M., Los Lobos oder Green On Red der dritte Weg zwischen den von dir aufgezeigten Möglichkeiten „Lärm“ und „Pop-Songs“ zu sein.
GREEN: Ich bin da sehr skeptisch. Mir gefällt die Wiederentdeckung der traditionellen, weißen, amerikanischen Werte nicht, ich mag keine amerikanischen Werte, ich mag keinen traditionellen, weißen, amerikanischen Rock’n’Roll. In England laufen die ganzen Amerikaner mit Rickenbacker-Gitarren und Sonnenbrillen rum und sehen aus wie Roger McGuinn, was ich einfach blöde finde.
SPEX: Aber es geht ja nicht um traditionelle weiße Werte, es geht doch um die, zugegeben etwas naiv verarbeiteten Werte der 60er Jahre, als eine historische Quelle, aus der man Werte gegen die der gegenwärtigen Regierung schöpfen kann. Es scheint, daß das die einzige Möglichkeit ist, die sie haben.
GREEN: Ja, aber das ist doch sehr schade, daß das die einzige Möglichkeit ist, die sie haben. Sich so bewußt einem Stück Pop-Geschichte zuzuwenden. Es ist alarmierend, finde ich, in welchem Maße diese Industrie ihre eigene Geschichte auffrißt. Sie frißt ihre Geschichte, wenn sie noch ganz frisch ist, und spuckt sie sofort wieder aus. Ich glaube nicht, daß es daher nötig ist, dieser Wiederentdeckung der Badlands-Outlaw-Werte des mittleren Westen oder der Wiederauferstehung eines Hippie-Idealismus allzu viel Bedeutung beizumessen. Und wenn sich das Ganze dann auch noch als Style ausgibt, ist das besonders peinlich.
SPEX: Zu einem bestimmten Zeitpunkt war es, ganz besonders für unsere Generation, extrem wichtig und auch emanzipatorisch, sich über den Inhalt der Pop-Geschichte klarzuwerden. Jede andere Subkultur-Generation vor uns lebte in dem Glauben, immer weiter gehen zu können, Grenzen einzureißen etc. Wir, die wir mit Roxy Music und David Bowie groß wurden, wuchsen mit einer Musik heran, die sich bereits explizit mit ihrer eigenen Geschichte befaßte.
GREEN: Das ist richtig. Ich stimme zu.
SPEX: Was ist also geschehen mit dem Geschichtsbewußtsein in der Pop-Musik?
GREEN: Ja. Was ist daraus geworden? Ich glaube, es ist vor allem … ja, … trivialisiert worden. Genau. Es ist einfach zu leicht und zu banal geworden, eine Sache wie Cajun-Musik zum Beispiel einzubauen und zu benutzen, es wird zu viel geplündert, nur um des Stils der vorgefundenen Musik willen. Das ist etwas, was man uns nicht vorwerfen kann. Uns kann man eher vorwerfen, mit zeitgenössischer Ästhetik etwas zu vertraut zu sein, etwas zu selbstverständlich damit umzugehen.
Aber ich stimme zu. Es kann eine sehr unangenehme Erfahrung sein, eine Zeitschrift wie „The Face“ zu lesen, wegen der Art von Geschichtsbewußtsein, die sich da austobt.
SPEX: Letztes Jahr kam ein Film in die deutschen Kinos, der im Vorspann sagte, er spiele irgendwo und irgendwann, obwohl er voller Referenzen auf die Rock-Geschichte war. Es war Geschichte ohne Geschichte. Ich rede von „Streets On Fire“.
GREEN: Ja, das ist genau der Punkt. Es wird unmöglich, mit der Geschichte zu arbeiten, weil sie mythologisiert wird, weil aus Geschichte viel zu schnell ein Mythos wird, der dann eben wie jeder Mythos zeitlos ist, als transzendental empfunden wird. Das ist wirklich reaktionär.
SPEX: Ich war immer der Ansicht, daß eine Band wie Scritti Politti nur in England und nur vor dem Hintergrund der spezifisch britischen Idee von Pop in den letzten 20 Jahren denkbar war. Nun bist du nach New York gegangen, hast mit amerikanischen Musikern wie Nile Rodgers, Arif Mardin und Fred Maher zusammengearbeitet. War das ein bewußter Versuch, der Degeneration der britischen Pop-Musik der letzten zwei Jahre zu entkommen?
GREEN: Ja, gewiß. Wir haben es in England zur Zeit wieder mit so einem Ur-Britentum zu tun, das regelrecht fetischisiert wird. Und das kann auch sehr schnell seinen Charme verlieren, wenn man ihm zu viel Bedeutung zumißt.
Einerseits weiß ich natürlich, daß meine Musik immer etwas mit einer bestimmten britischen Haltung zu tun hat. Aber ich weiß, daß es schädlich ist, wenn man sich dessen zu bewußt wird, wenn man die Tatsache, daß man eine Sache auf eine bestimmte Art betreibt, zu sehr thematisiert. Das bringt auch nichts, weil man es ja ohnehin so machen wird. Zum Beispiel komme ich nicht von einem typisch britischen Amateurismus weg. In New York ist das anders. Da gibt es diese Bewußtheit nicht. Du kannst dort mit Musikern nicht über Musik reden. Die wissen nicht, wovon du redest, und es ist ihnen auch egal. Das war sehr erfrischend. Aber um deine Frage zu beantworten: Ja, es war eine Reaktion auf das. Es gibt ja immer ein Problem, wenn man sich dessen, was man tut, bewußt ist und sich dann der Bewußtheit bewußt wird. Der eigenen Bewußtheit bewußt! Das wirkt sehr blockierend. Und ist ungesund. Daher muß man sich bis zu einem gewissen Grad Vergeßlichkeit zugestehen, eine aktive Vergeßlichkeit.
Davon handelt auch diese neue LP, von dem, was Foucault aktives Vergessen genannt hat. Wenn man ein bißchen versteht von der Bedingtheit und Materialität der Sprache, wenn man sich mit dem Fakt abgefunden hat, daß man Ideologie nicht transzendieren kann, daß es keine Wissenschaft der Geschichte gibt, daß Macht kanalisiert ist, wenn man das alles weiß, führt es einen zu einem Grad an Bewußtheit, der einen blockiert, zu einem Bewußtsein des eigenen Wissens, das einem als Künstler keinen Ausweg läßt. Man wird träge. Oder man wird ein professioneller Eklektizist, ja man kann aus dieser Haltung auch eine Karriere basteln.
Das ist eben die Idee der Übervertrautheit. Wenn du mit einer Sache, sei es deine Geschichte, sei es Stil oder meinetwegen auch eine Person, zu vertraut bist, wirkt das zerstörerisch. Deswegen heißt die Platte auch „Cupid And Psyche“. Denn der Mythos von Cupido und Psyche sagt ja, daß man solange verliebt bleiben kann, wie man nicht zuviel voneinander weiß.
Stimmt doch, oder?
SPEX: Sie durfte ihn nicht ansehen.
GREEN: Ja gut. Ich interpretiere das als eine Art Parabel über Übervertrautheit. Sie hat ihn doch angesehen und mußte verschwinden.
SPEX: Ja, aber am Schluß gab es ein Happy End.
GREEN: Davon mal abgesehen, von dem dubiosen Schluß der Geschichte. Die Anfangssituation scheint mir doch sehr hübsch, das zusammenzufassen, wovon wir hier reden.
SPEX: Dieser Begriff der Übervertrautheit impliziert also folgendes: Wenn du zuviel über dich weißt und über das, was du tust, und dann noch über dein Wissen Bescheid weißt, dann mußt du also künstlich etwas Ignoranz in dieses überladene System einführen, oder wie?
GREEN: Ja, genau. Ich mußte das tun.
SPEX: Und das hast du getan, indem du mit ungebildeten Amerikanern zusammengearbeitet hast?
GREEN: Nun, das ist etwas überspitzt, aber da ist was Wahres dran. Ja. Ich mußte mir einfach mal unreflektierte und einfache Freuden erlauben. Um überhaupt wieder etwas schreiben zu können. Das, wovon Deleuze/Guattari reden. Die Wunschmaschine. Ein Teil des sozialen Flusses. Unsere Identitäten sind nichts als Differenzen in einem kompletten sozialen Nexus. Und wir müssen uns der Wunschmaschine öffnen, wir müssen zu kommunizierenden Röhren werden. Ich war auch einmal sehr prätentiös – eine verstopfte Röhre – und hätte es mir nie erlaubt, einen Song im 4/4 Takt zu schreiben, aber das führt zu Knoten. Ich war so verknotet durch meine Bewußtheit, mein Magen war verknotet. Ich mußte davon weg. Es war eine ganz einfache Freude zu sagen: Ja, ich werde diesen sehr einfachen Song spielen, ja ich werde nach New York gehen, ja ich werde viel Geld für Studio und Produktion ausgeben.
SPEX: Wenn Bewußtsein und Bewußtheit in der Pop-Musik für dich solche Probleme mit sich gebracht haben, ist es dann überhaupt sinnvoll, von den Komplexitäten des Systems Pop-Musik zu reden und all diejenigen, die heute mit Pop-Musik beschäftigt sind, letztlich in dieselbe Krise zu manövrieren. Mit anderen Worten: Hat es Sinn, daß wir hier weiter reden und ich einen Artikel veröffentliche?
GREEN: Ich glaube ja. Ich glaube nach wie vor, daß es Dinge gibt, die es wert sind, gesagt zu werden; über Pop-Musik und ihre Geschichte, über ihre politische Bedeutung. Was ich beschrieben habe, sind auch persönliche Probleme von mir. Ich würde diese Therapie nicht jedermann verordnen. Aber jeder, der nicht nur irgendwie intuitiv herumfummelt, jeder, der weiß, was läuft, muß eine Methode finden, damit zu arbeiten. Er mus lernen zu vergessen.
SPEX: Als unsere Generation anfing, in den Medien zu Wort zu kommen, auf künstlerischer wie auf reflektierender Ebene, hörten wir von überall her: Dies ist alles schon mal dagewesen. Speziell der Punk-Bewegung wurde vorgehalten, nichts anderes zu sein als ein Remake von den Stooges und Mc 5 und von gutem alten Hippie-Anarchismus. Heute bin ich in der Lage, daß ich bei allen möglichen neuen Platten von unschuldigen jungen Leuten alte Platten wiedererkenne.
GREEN: Ja, aber das ist ja nicht notwendig schlecht. Wir müssen uns von der Idee verabschieden, daß Pop-Musik eine Teleologie hat. Pop-Musik baut nicht kontinuierlich etwas auf, das dann zu einem Ziel führt. Pop-Musik hat kein historisches Ziel, ist synchronisch und nicht diachronisch. Trotzdem kommt man natürlich nicht darum herum, von Geschichte zu sprechen, zumindest in einem abgegrenzten, gegebenen Zusammenhang.
SPEX: Was wäre denn, wenn alle Beteiligten des Systems Pop alles, was es zu wissen gibt, wüßten, wenn alle optimal aufgeklärt wären? Dann würde doch das ganze System kollabieren?
GREEN: Das wäre ein Unsinn. Ein nicht erstrebenswerter Zustand. Aber es gibt Dinge, über die man sprechen sollte, ohne durch das Darüber-sprechen die Kraft der Musik zu berühren, ohne die Musik bloßzustellen. Man sollte zum Beispiel über die Beziehung der Gospel-Musik zur Pop-Musik sprechen. Welche Bedeutung es für die Geschichte der Pop-Musik hatte, daß Aretha Franklin ihr komplettes Rüstzeug, das sie als Gospelsängerin bei religiösen Liedern erworben hat, komplett in die Pop-Musik herübergeschafft hat.
SPEX: Laß uns zur neuen LP kommen. Der Hit heißt „The Word Girl“. Handelt das von dem Wort „Mädchen“ oder von dem Wort-Mädchen?
GREEN: Gerade von der Doppelbedeutung, deswegen hab’ ich es auch nicht durch die Schreibweise klargemacht. Ich hab’ sowohl an eine Abart des Zündholzmädchens gedacht, wie an das Wort „Mädchen“.
SPEX: Ein anderer Song heißt „Small Talk“. Ich habe nicht herausgefunden, ob er sich gegen oder für Small Talk ausspricht.
GREEN: Gegen Small Talk. In New York war dies eben die typische Art der Konversation, eine sehr kleine (small) Konversation eben. In New York, speziell unter den Musikern, ist es ein sehr hoher Wert, etwas sehr gut zu machen, aber man denkt nie darüber nach, warum man es überhaupt macht. Deswegen ist eine Zeile in dem Song: If a thing is worth doing it’s worth doing it badly. Außerdem handelt der Song von Meinungen. Meinungen sind sehr hoch angesehen in Amerika. Amerikaner sind ja entsetzlich ungebildet, nicht wahr? Und sie glauben an Meinungen, während ich eigentlich eher so etwas wie Doxi, im philosophischen Sinne, erreichen wollte. Meinungen sind so weich.
SPEX: Man kriegt totalitäre Phantasien, nicht wahr? Wenn man sich in einem sozialen System befindet, und man weiß etwas genau, aber durch die Gesetze des Systems wird das Wissen zur Meinung, wie jede ganz normale Idiotie. Da wird man zum Totalitaristen, oder?
GREEN: Ja, da muß man sehr aufpassen.
SPEX: Aber es bleibt einem kaum etwas anderes übrig. Oder?
GREEN: Ja, davon handelt dieser Song.


