„Damit kommen Sie exakt 18 1/2 Jahre zu spät, junger Mann. Damit können Sie vielleicht in Österreich noch was werden.“
„Mit euch hätte man Algerien nie und nimmer erobern können“, muß ich in letzter Zeit den jungen Schwachköpfen zurufen, die nie bei der Fremdenlegion gedient haben, nie bei Siemens, AEG oder Borsig waren und daher das Leben noch vor sich haben und nun über die Hitze stöhnen. Nichts ist besser als Hitze. Hitze hat nur einen Nachteil: Sie produziert Katholizismus.
Angesichts dieses katholischen Kirchentages in München frage ich mich, wo der gute alte Brauch geblieben ist, Popen und Pfaffen an Laternen aufzuknüpfen und ihre Sakristeien zu plündern und niederzubrennen. Na, in York hat es ja geklappt, da ist so ein Tempel niedergebrannt. Da trifft sich eine Weltreligion und hat nichts anderes in ihren Köpfen als den Schutz des ungeborenen Lebens. Wer schützt eigentlich das geborene Leben? Da bleibt wieder die ganze Dreckarbeit an den Kommunisten und der nordelbischen Landeskirche hängen. Kardinal Dörrpflaumes Message an die Jugend: „Wer euch Horror und Porno auf Video verkaufen will, ist kein Christ!“ Wer aber Bigotterie, Doppelmoral und andere Schweinositäten auf der Großbildleinwand sehen will, ist bei den Katholen gut aufgehoben.
Und hier kommt meine Enzyklika gegen das Kunstfilmtheater „Holi“: Wer Stadtzeitschriften kennt, weiß, daß Termine dort manchmal falsch angegeben sind. Kommt man so fehlinformiert eine viertel Stunde zu spät ins „Holi“, wird man von der Kunstfilmtheaterdirektion nicht mehr hereingelassen, weil man das Publikum stören könnte. In den Film, auf den man sich die ganze Woche gefreut hat. Weil die mit ihrem verschissenen Kleinbürgerkunstfilmverständnis nicht begreifen, daß nicht Zuspätkommer, sondern Dummköpfe im Kino stören. Das Zuspätkommen ist lediglich ein Verstoß gegen eine uralte, wie gesagt völlig verschissene, ja gelb und grün geschissene Vorstellung von Würde, die mittenmang in ein Jahrzehnt gehört, die 50er, das wir doch ausgeschwitzt zu haben glaubten und das wiederzubeleben schon in den frühen Siebzigern eine Torheit war. Kino hat blöde Würde nicht nötig. Höchstens Drecksfilme von Ingmar Bergman oder anderen verlogenen Kunstscheiß. („Dieser ‚Herr‘ Diederichsen schreibt die Sprache des ‚Stürmers‘. Man sollte diesem ‚Journalisten‘ …“)
Diesen Sommer waren die Menschen echt geil. Im Jahrhundertsommer waren sie heiß, jetzt sind sie geil. Schuld: Frankie Goes To Hollywood und „Bild“. Frankie halten eins und zwei in der englischen Hitparade und egal ob „Two Tribes“ oder „Relax“, der gesund-mittelschnelle-„Es ist ja so verflucht heiß“-Stoßrhythmus dominiert das akustische Bild der Zeit. Früher waren Sommerhits zum Schmusen, dieses Jahr zum Ficken. Dann kamen die heißen Tage, und „Bild“ schreibt so was wie „Hitze! Überall liegen NACKTE MÄDCHEN in den Parks“. Die derart angeheizten Männer suchten und fanden. In Heerscharen fielen und stolperten sie über die überall herumliegenden NACKTEN MÄDCHEN. Tags darauf beschwerten sich die NACKTEN MÄDCHEN in der „Bild“: „NACKTE MÄDCHEN KLAGEN MÄNNER AN: ‚SCHWEINE‘“. Stenotypistin Kirstin (20) aus Hamburg: „Gestern tat ein junger Mann so, als ob er stolpert. Er fiel direkt auf mich. (…) Dabei hab ich schon einen Freund.“
Aber auch sonst sind Frankie Goes To Hollywood prima. Die erste Fick-Bubblegum-Band der Welt. Es ist doch klar, daß Holly Johnson auch bei seinen berüchtigten, perversen Exzessen immer ein Wrigleys Spearmint zwischen den Zähnen hat. Das hält ihn immer bei Laune.
The Special AKA sind eine politische Band um den Ex-Specials-Kopf Jerry Dammers. Ihre Musik gefällt mir mitunter recht gut. Nur ideologisch/geografisch sind sie falsch beraten: „From the graves of Belsen where the innocents were burned / To the genocide in Beirut, Israel was nothing learned.“ Soweit haben die kühnsten israelischen Expansionisten nicht einmal gedacht, von Beirut, Israel zu sprechen. Oder sollte es sich um eine Aufzählung handeln, für die aus metrischen Gründen auf das dritte Glied verzichtet wurde? Oder auf das „Und“? Selbst wenn: Es hat im Staate Israel nie einen Völkermord gegeben. Oder „Free Nelson Mandela / I’m begging you / I’m begging you“. Na, hör mal: Um so etwas bittet man nicht. Man bittet Rassistenregimes überhaupt nichts. So etwas fordert man, oder man nimmt es in die Hand. Aber man bittet nicht für Nelson Mandela. Der würde sich bedanken.
Letzte, aktuelle Urlaubs-Informationen zum Schluß: Haßliste, Länder und Völker: 1. Österreich, 2. Frankreich, 3. Italien. Lieblingsländer, -völker: 1. England, 2. USA, 3. UdSSR. Und aus dem „Kann man jetzt wieder gut finden“-Department: 1. Elvis Costello, 2. Jesse Jackson, 3. Trevor Horn.
