Zwei Boys – es gibt kein anderes Wort, das sie richtig bezeichnen könnte, Jungs sind nicht so ernst und auch nicht so lächerlich. Männer? Darunter stellt man sich doch etwas ganz anderes vor – zwei Boys also, einer sitzt, einer steht am Rande eines Teiches, blicken versonnen den Enten nach, die ruhig ihre Bahnen ziehen. Die zwei nennen sich Tears For Fears, obwohl sie eigentlich Roland und Curt heißen. Sie komponieren zarte, elektronische Pop-Weisen, wie sie fast ins Pop-Jahr ’82 gepaßt hätten. Doch anders als etwa die Boys von Depeche Mode träufeln Tears For Fears die ihrem Namen entsprechende Bittersüße in nicht unerheblichen Dosen auf ihre Kompositionen, jene todernste Bittersüße, zu der nur schüchterne, nicht ganz erwachsene Jungs fähig sind, die nicht so ganz verstehen, was in der Welt um Himmelswillen eigentlich los ist.
„Mad World“ hieß ihr größter Erfolg. Gleichzeitig ist es ihr einziges Stück, das mir gefällt. So bescheuert der Text auch sein mag, so verblüffend ehrlich und zutreffend ist er, so hübsch ist die Melodie: „And I find it kind of funny / I find it kind of sad / The dreams in which I’m dying / Are the best I’ve ever had / … / It’s a very mad world.“
Tears For Fears sind für den großangelegten, exaltierten Weltschmerz eines Marc Almond ein paar Nummern zu schlapp. Was ihnen gelingt, ist der klassische, verwirrte Holden Caulfield, ohne die Fähigkeit, die eigene Lächerlichkeit wahrzunehmen, über die z.B. Orange Juice verfügen, die sich Expressis verbis auf Salingers Pubertäts-Helden berufen. Roland und Curt stecken viel zu tief im Ernst ihrer tiefgründelnden Songs, um sich von außen betrachten zu können. Sie sind auf die gleiche, unerträgliche Weise ernst und eindimensional wie Simple Minds, U2 oder andere dieser neuen Triefaugen, die es derzeit zu großen Erfolgen bringen. Auch Tears For Fears sind blitzschnell aufgestiegen und stehen vor einer großen Karriere. Schließlich lassen sie sich etwas einfallen, um ihren Innenleben-Songs die richtige Ausstattung angedeihen zu lassen. Sie sind beileibe nicht simpel, sondern arrangieren sich den Arsch ab, denken sich Feinheiten aus: Hier ein Saxophonsolo, dort ein Tempowechsel (meistens von langsam zu noch langsamer) und da drüber ein neuer Soundeffekt. Ja, man lasse sich von mir bloß nichts einreden, den meisten wird es gefallen, wie eben auch die Simple Minds oder die Moody Blues oder Pink Floyd gefallen. Für Tiefsinn gibt es bekanntlich immer einen Markt. Es ist nur traurig, daß der Unterschied von gutem und schlechten Kitsch immer mehr in Vergessenheit gerät.

