The Passions

Barbara Gogan und ihre Schwester Sue waren Mitbegründer von Englands führenden, unabhängigen Label Rough Trade. Während Sue sich mit ihrer Band prag VEC, später Spec Records, auch musikalisch im Untergrund bewegte, gründete Barbara mit den Passions eine Gruppe, die die Massen ebenso erreichen sollte wie das Rough Trade-Publikum. Sie nahm ihre erste, ziemlich erfolglose LP beim Fiction-Label auf, eine Unterabteilung des Polygram-Konzerns, die sich vor allem um The Cure kümmert. – So konnte man die Passions auch als Vorgruppe von The Cure erstmals in unseren Hallen erleben. Wie die erste Platte, so bot auch die Live-Show den Eindruck intensiver, aber zurückhaltender Sozial-Realismen in melancholischer Verpackung, der Hauptgruppe gar nicht so unähnlich, wenn auch stark von Barbaras Gesang bestimmt.

Nach dieser Epoche des Schattendaseins wechselte man die Besetzung und mit drei Männern nahm Barbara nun eine Single auf, die in England, zu Recht, zum Chart-Erfolg wurde, „I’m In Love With A German Filmstar“. Die Passions hatten es plötzlich geschafft: Ihre Musik streifte den Habitus moderner Traurigkeit fast zur Gänze ab, zugunsten eines eingängigeren Pop-Sounds, der seine Haken eher in der Raffinesse des Arrangements und in pfiffigen Nuancen hatte als in einer plakativen Haltung. Dabei wäre es falsch zu glauben, irgendjemand hätte Barbara Gogan das Gehirn gewaschen. Ihr Anliegen kommt auch auf der zweiten LP „30000 Seconds over China“ ebenso deutlich zum Ausdruck wie auf dem düsteren Debüt „Michael & Miranda“, nur daß sich dies in einem sehr reizvollen Kontrast zu leichten, eleganten Pop-Konstruktionen entwickelt. Oft hat bei den Passions ein subtiler Humor die Rolle des verbitten Pathos moderner Großstadtverzweiflung übernommen, wie sie noch besonders deutlich auf dem Innencover von „Michael & Miranda“ zum Ausdruck kommt: Vier junge Menschen mit heruntergezogenen Mundwinkeln posieren an einem stehenden Kanal, links ein Hochhausblock, am anderen Ufer verfallene Altbauten und viel Müll, der Himmel bedeckt, am Horizont ein Kran. Dem ist eine vieldeutigere, aber nicht weniger entschiedene Haltung gefolgt. Auch bei den Passions stellt sich heraus, daß der fortschreitende ökonomische Verfall Großbritanniens eher klugen Schein-Optimismus als noch größeren Primitiv-Pessimismus hervorbringt.