Tom Verlaine

Nur wenige Helden der jüngeren musikalischen Vergangenheit, allgemein als „New Wave“ bekannt, sind wegen ihres Instrumental-Stils berühmt geworden. Das Beherrschen eines Instruments schien eigentlich eher ein Attribut der Hippie/Jazz-Rock-Phase gewesen zu sein. Gitarrenhelden waren out. Die Ausnahme bildete Tom Verlaine.

Als seine Band Television die Szene betrat, war er schon eine kleinere Berühmtheit in den New Yorker Clubs. Er war ein Mitstreiter Patti Smiths gewesen und hatte gemeinsam mit der Nihilisten-Cult-Figur Richard Hell das Trio Neon Boys geführt. Zu Beginn war Hell auch ein Mitglied von Television gewesen, aber die beiden starken Egos scheuerten sich aneinander wund und Hell gründete die Voidoids. Das erste Television-Album hieß „Marquee Moon“ und gehörte zu den wenigen New Wave-Veröffentlichungen der frühen Jahre, die in gleicher Weise von der neuen Szene und den „boring old farts“, wie man sie damals nannte, geliebt wurde. Die vier fahlen, Heroin-süchtig-eingefallenen Gesichter paßten sich erfolgreich in die Reihe New Yorker Auszehrungs-Bohème-Mythen ein. Alten Velvet Underground-Fans schlug das Herz höher. Den verbliebenen Hendrix-Fans schmeichelte Verlaines Gitarrenarbeit und die wenigen, die noch Dylan hören wollten, bekamen gute alte weiße Leiden-an-der-Welt-Poesie von nicht geringer Raffinesse.

Nach einer enttäuschenden zweiten Platte („Adventure“) brach Television auseinander. Außer Drummer Billy Ficca, der heute bei den Waitresses trommelt, ging es seitdem mit allen Beteiligten bergab. Richard Lloyd veröffentlichte eher nichtssagende Solo-Werke und Verlaine versuchte Neues mit wechselndem künstlerischen und ohne kommerziellen Erfolg. Sein erstes Solo-Album überrascht durch stilistische Vielfalt und eine zurückhaltende Gitarre. Fast die Hälfte der Songs sind überaus spannend arrangierte Pop-Werke, der Rest dagegen gefährlich nahe am Geschwätz. Seine zweite LP dümpelt leider auch über weite Strecken unentschieden dahin, auch wenn hin und wieder Verlaines Genialität aufblitzt. Seit einiger Zeit liebäugelt der Wunder-Gitarrero mit dem Piano, und wir können gespannt sein, was er uns 1982 auf der Bühne anbietet.