Ich erinnere mich. Ja, ich muß mich wieder erinnern. Es war Anfang der 70er, als ein Zeit-Autor von den ernsthaften, klugen, jungen Ex-LedZep-Fans erzählte, die heute (damals) nur noch ganz frühen Folk-Blues hören würden: Robert Johnson, Son House oder Lightnin’ Hopkins. Ich erinnere mich an diese Typen, es gab sie wirklich und ich war kurz einer von ihnen: schwarze Samtjacken, weißes Oberhemd, Breitcord-Hose. Bürgerlich-schöne Seelen, unentschieden bei der existenzphilosophischen Wahl zwischen Glam-Rock und Free Jazz.
Peter Astor ist einer von ihnen, seine Band, The Weather Prophets, eine kühle, saubere, britische Blues-Band, elegant, manchmal entfernt an Peter Green in der ganz frühen Fleetwood Mac erinnernd, wenn auch nie so exzessiv begabt wie dieser etwa bei seinem „The Supernatural“ als Mitglied von John Mayalls Bluesbreakers. Astor lacht amüsiert, als ich ihm sage, daß mich sein Gesang bei seinem Robert-Johnson-Cover „Stones In My Passway“ an Al Wilson von Canned Heat erinnert, und wendet ein, kein dicker Mann zu sein. Nein, nicht der dicke, das war Bob Hite, Al Wilson, „Blind Owl“, der Schüchterne, der Selbstmord begangen hat. Ach so ja, er kenne sowieso nur „Goin’ Up The Country“. Er bevorzugt eben den originalen Stoff, auch wenn er jeden Purismus von sich weist, als ehemaliger Rockjournalist natürlich auf die obligatorische „large variety“ von Musik verweist, die er hört. Ja und natürlich ist da noch die andere Musik, die eine schöne, schnöselige (aber nicht eingebildet-schnöselig, eher aus Mißtrauen gegen das Unreine schnöselig) Seele lieben muß: NY ’76. Television ist ihm das Schönste, und Richard Hells wirklich sehr schönes „Time“ hat er mit seiner letzten Band The Loft – die waren noch etwas wilder, unsauberer, durcheinanderer und verwechselbarer – gecovert, Lenny Kaye produziert die nächste Single: Alles wunderbar klar und ungefährlich.
Die aktuelle Single „Almost Prayed“ – hier läuft die Band zur wildesten Form ihres Lebens auf, fast schon schnell – ist hundertpro auf Cales Steife-Finger-Piano-Begleitung von „I’m Waiting For The Man“ aufgebaut. Ich habe nichts gegen diese Samttypen, nur eines Tages wird es an ihrer Tür klingeln und ein Sack „Comin’ Your Way“-Singles von Fleetwood Mac wird sie angrinsen und sie auffordern, sich nicht weiter so unverschämt wohlzufühlen in anderer Leute Elend (wo sie doch ein eigenes haben). Man kann es übertreiben mit der Eleganz: Blues als Idealismus? So war das nicht gedacht. Nun, Astor ist eine Persönlichkeit im Aufbau. Er sieht gut aus, eher nach Oxford-Drop-Out als nach on-the-dole, wo er sich einordnet. In ein paar Jahren könnte er gut die Musik für Wim-Wenders-Revival-Filme (finanziert vom British Film Institute, gedreht in ausgestorbenen Industrielandschaften in Manchester) schreiben und in Nebenrollen die Zuneigung intelligenter, aber zweifelnder 19-Jähriger einfahren. Vorausgesetzt er bleibt sauber.