Eddie Murphy ist auf dem Titel von „Ebony“. Shaft hatte seine Premiere im deutschen Fernsehen. Schwarze Kultur macht bekanntlich, oft gesagt, immer wahr, in Krisenzeiten am meisten Freude. Nichts ist ermutigender als die Lektüre der Leserbriefe in „Ebony“, lustiger als Richard Roundtrees Wege durch das Ghetto. Das ZDF kam den Kommunalen Kinos zuvor und verwirklichte meinen einzigen Wunsch an das „Metropolis“ und verwandte Institutionen: eine Retro des schwarzen Kriminalfilms. Da das ZDF aber Leckerbissen wie „Trouble Man“ und „Superfly“ vorläufig vergessen hat, bleibt für Heiner Ross noch etwas zu tun.
Sonst war der Monat eher weiß. Walid Dschumblat auf dem Wege zur Kultfigur und die Lords Of The New Church im „Kir“. Hat nichts miteinander zu tun? Doch, das Aufeinandertreffen von unübersichtlichen Kulturen an diesem Abend, zudem kriegerischen, hatte voll libanonmäßige Züge. Der groteske Abend begann mit einer seit dem Clash-Konzert anno ’80 nicht mehr erlebten Massenrangelei. Menschen wurden zu hungrigen Hunden, die um das letzte Stück Fleisch in einem polnischen Fleischerladen kämpften. War man drinnen, ging es im selben Stil weiter: Knüffe, Püffe, Tritte und alles, was seit drei Jahren Punk ist und sich in der Zwischenzeit kulturell nicht zu weit von der Ausgangsbewegung entfernt hatte, war da und tat mit. Nur die Lords waren nicht da, und man hatte genügend Gelegenheit, sich langweilend zu betrinken. Die DJs machten Fehler (oder bewiesen Spürsinn) und spielten Reizsongs wie „Babylon’s Burning“, und um ein Haar hätte es auch gebrannt, wenn nicht fünf alte Junkies plötzlich doch gekommen wären und zum tollsten Kaputt-Junkie-Rock des Schuf-Gebirges aufgespielt hätten. Die Lords predigten Frieden und Revolution, und das Publikum liebte oder haßte sie mit Inbrunst. Keine Unentschiedenen an diesem Abend, und ich hörte danach endlich auf zu bedauern, daß ich die New York Dolls vor zehn Jahren im „Salambo“ verpaßt hatte.
An der Gruppe Xmal Deutschland fiel auf – neben all den Dingen, die allen auffallen und in letzter Zeit als geräuschvolles Schulterklopfen massenweise verbreitet werden –: die Ruhe. Noch nie habe ich eine Gruppe gesehen, die sich so symmetrisch aufgebaut hatte und diese Symmetrie auch eisern durchhielt. Das extreme, konsequente Gegenteil, also von Schweinerock, wo der Sänger auf der Bühne Kilometer zurücklegt. Weiter fiel auf, daß der eine Junge neben den vier Mädchen wirkt wie – kennt ihn noch jemand? – Billy Preston, der fünfte Beatle bei „Get Back“, was den anderen erst das Beatlesmäßige, verschworene Popgruppenmäßige verleiht.
Die Gitarrengruppen waren hier Chameleons, Big Country. Soll das schon das neue Ding von ’83 gewesen sein?
Spandau war hier. Die Metamorphose sozialistischer Soul-Kids in Banklehrlinge vom Sloane Square. Diese Gruppe ist so lächerlich wie unendlich angenehm. Ihr letztes Album ist aus hervorragendstem Song-Material, und das gaben sie zum Besten. Kinder und ihre Eltern hatten ihre Freude. Natürlich ist es peinlich, wie Gary Kemp von Marvin Gaye per „Marvin“ redet, dem er angeblich nächtelang zuhört, aber „True“ und „Gold“ sind die einzigen Megahits des Jahres, die man sich immer noch nicht zum Erbrechen übergehört hat (andere Ausnahmen stammen von Culture Club, Malcolm McLaren und Heaven 17, wurden aber nie so häufig gespielt). ’83 ist Spandau-Jahr, so wie ’73 Rocky-Jahr war.
Das Stray-Cats-Jahr war eigentlich 1981, aber sie haben den Schritt von der Modebewegung zu den ernsthaften, älteren Rockabilly-Fans geschafft, die für ihre Überzeugung alte Singles zu Wucherpreisen kaufen, und begeistern immer noch die vielen jungen Billys aller Schattierungen (vom morbiden Crampsbilly bis zum rechtskonservativen General-Lee-Billy). Mir als Nichtbilly gefallen ihre alten Songs natürlich besser als Brian Setzers schmerzhafte Entdeckung seiner Gitarrero-Fähigkeiten, aber allein das Spektakel fahnenschwingender Südstaatler und posterschwingender „Bravo“-Girls ließ mich den Cats den Vorzug vor der am gleichen Abend gastierenden Gruppe Clock DVA geben.
Auch das Kid-Creole-Jahr war eigentlich ’81, aber die Show war trotz vieler Wiederholungen sehr frisch. Besonders gut gefiel der nach Kid Creole, Coati Mundi und den Coconuts vierte Hauptdarsteller, der tiefschwarze Bongo Eddy, der wie ein Verwandter von James Brown aussieht und diesen Monat für den viel zu kleinen Beitrag schwarzen Humors auf Hamburgs Bühnen sorgte.
