Nun wird’s ernst. Schluß mit Schnodderigkeit, Larmoyanz, Unverbindlichkeit, Scherz und Schalk. Werner Schroeter hat es geschafft, einen Film über die BRD zu drehen, der ebenso richtig und gut ist, wie die besten von Faßbinder. Auch Schoeter hat keine Angst vor seinen eigenen Gefühlen (hatte er noch nie) und so zeichnet er unser Land, in dem er es mit seinem Gegenteil konfrontiert: einem ökonomisch verwahrlosten, kulturell integren, menschlich idealen Sizilien. Ein aus ökonomischer Not emigrierter junger Sizilianer erlebt bei VW in Wolfsburg den Culture-Clash und begeht schließlich einen Mord, um seine Ehre zu retten.
Schroeter konfrontiert aber nicht nur zwei dargestellte Welten, sondern auch zwei Methoden der Darstellung: den Pathos seiner irrealen Opern und den Neo-Neo-Realismus von „Neapolitanische Geschwister“. Schroeter wechselt zwischen Subjekt und Objekt, persönlich erlebten Leid und dessen objektiven Ursachen. Die Darsteller sind zu einem Teil Laien, wie der Hauptdarsteller, zum anderen Profis des 60er Avantgarde-Films und -Theaters, wie Magdalena Montezuma oder Harry Baer. Auch hier werden also ziemlich einfache Gesten und Selbstdarstellungen dem riesigen, verfeinerten Ausdrucksrepertoire der deutschen Schauspielerelite gegenübergestellt.
Aber „Palermo oder Wolfsburg“ lebt nicht einfach nur von Kontrasten, jede Einzelheit für sich genommen trifft Kopf und Herz, etwa wenn der anarchistische italienische Kollege des Helden aus dem Off spricht, während man das VW-Werk in allen möglichen Einstellungen sieht: „Diese Gesellschaft kann man nicht verändern. Diese Gesellschaft muß man zerstören. Und davon bin ich besessen.“

