Was an Fassbinder so gut ist, was an ihm einzigartig ist, warum er so viel rezipiert und doch selten verstanden wird – das wollte ich von diesem Buch erfahren. Und das habe ich leider nicht. Man wird also auch in Zukunft selber denken und selber Begriffe finden müssen.
Der vorliegende Band besteht aus drei Teilen: einem Essay von Herausgeber und Spiegel-Autor Limmer, in dem er relativ fair und sachlich im bewährten Spiegel-Stil mit allen Qualitäten und Limitationen, der diesem Stil zugrunde liegenden Weltanschauung, Fassbinders Werk referiert. Im Zentrum steht ein langes Interview, am Ende eine ausführliche Filmografie, Bibliografie und eine Menge anderer interessanter, erschöpfend gesammelter Daten über den Regisseur, Autor, Schauspieler etc. Fassbinder.
An dem langen, sehr offen und persönlich geführten Interview füllt auf, daß auch Fas binder selber nicht zu wissen scheint, welche der ihm eigenen Qualitäten seine Filme von anderen Arbeiten unterscheiden. Wenn er über sein Werk spricht, dann über Produktionsbedingungen, über Geschichten die ihn interessiert haben, aber man erfährt nie etwas über die Charakteristika seines filmischen Stil.
Dafür wird Hintergrundmaterial aus der Biografie des Meisters mehr als detailliert serviert: Fassbinders Freunde, seine Homosexualität, die Mutter, das Kind. Das Freudianisieren wird von den Interviewern manchmal arg übertrieben. Und ihre Suche nach psychologischen Ursachen für Fassbinders Homosexualität gerät in ihrer Penetranz geradezu peinlich. Andererseits werden ziemlich konsequent die bekannteren Widersprüche um den Filmemacher abgehandelt. Das Interview als Ganzes ist ziemlich stringent geführt, lesbar redigiert und durch Themenfülle, flüssige Sprache und Wortwitz geht das Ding auch gut runter.
Rowohlt, Spiegel-Buch, 224 Seiten, DM 14,–

